DER TOD WARTET NICHT


Kapitel 1 - Der Tod sucht nicht -


- PROLOG -


Es war eine sternenklare, mondlose Nacht. Kurz nach Mitternacht wartete unweit des Leuchturms von Einsamkeit ungeduldig ein Hochelf. Er blickte ständig unruhig um sich. Es war ihm anzumerken, dass er sich unwohl und beobachtet fühlte, nur sah oder hörte er niemanden. Nach einiger Zeit beruhigte sich der Altmer wieder und blickte auf das offene Meer hinaus. Eine Windböe fegte seinen langen Mantel auseinander und die goldenen Zeichen der Thalmor an seinem hohen Mantelkragen blitzten im Schein des Turmes auf. Leicht erschrocken fuhr er herum, als ein Schatten hinter im auftauchte.


„Verdammt nochmal! Kommt die „Schwarze Hand“ immer so unerwartet zu einem Treffen?“

Der Schatten antwortete nicht auf diese forsche Begrüßung.

„Ist Euch jemand gefolgt?“

Wieder schaute der Thalmor nervös um sich.

„Was glaubt Ihr, wer wir sind, hm? Anfänger? Niemand vermag der Bruderschaft zu folgen!“

Die ruhige männliche Stimme des Schattens wirkte einschüchternd auf den Langmantel.

„Also warum dieses geheime Treffen, wurde nicht schon alles besprochen? Meine Führer mögen es nicht, ständig belästigt zu werden!“

„Was Eure Führer mögen, interessiert uns einen Dreck! Wir haben Euch genug Gold in den Rachen geworfen, deshalb wollen wir auch wissen, wie weit Eure Vorbereitungen vorangeschritten sind. Wir können nicht ewig warten!“

„Spart Euch Eure Plattitüden! Keine Sorge, Eurer Gold ist in professionellen Händen. Außerdem wollt Ihr was von uns und nicht umgekehrt, schon vergessen? Dieser verdammte Bürgerkrieg macht es uns nicht einfacher, jede Stadt gleicht einem Heerlager. Also werdet Ihr warten müssen, damit Euer Auftrag auch reibungslos über die Bühne gehen soll. Eure spitzen Ohren werden schon erfahren, wenn es soweit ist!“

Urplötzlich verschwand der Schatten genauso schnell, wie er aufgetaucht war. Wütend schaute der Thalmor um sich, er mochte es gar nicht, dass man ihn so einfach stehen ließ. Unverrichteter Dinge trabte er schließlich mürrisch heimwärts in Richtung Einsamkeit.


Kurze Zeit später bewegte sich das dichte Gebüsch nahe des Ufers. Grüne stechende Augen wurden durch das Feuer des Leuchtturms sichtbar. Ein Argonier blickte ängstlich um sich. Dieses Treffen würde ihm noch tödliche Schwierigkeiten einbringen, nur ahnte er noch nichts davon.


- I -

 

„Ich habe es endgültig satt! Ständig muss ich deine Leichen beseitigen lassen. Auch wenn es Verbrecher sind! Wird langsam Zeit mein Sohn, dass du den Platz an meiner Seite einnimmst. Schluss mit dem Jagen von Verbrechern, ich habe schon genug am Hals mit dem Bürgerkrieg. Ich habe dich nicht großgezogen, damit du dich als Kopfgeldjäger durchs Leben schlägst! Dies ist nicht gerade förderlich für meinen Ruf.“

 

General Tullius fegte wütend die staubbedeckten Stiefel des jungen Mannes von seinem Schreibtisch.

„Ach komm schon Vater! Stets besorgt um den eigenen guten Ruf, was!? Wird langsam langweilig. Wie oft müssen wir diese Diskussionen noch führen? du verwendest deine Zeit für Kriegsspielerei und ich damit, Verbrecher zu jagen. Ich bin für ein Leben in der Armee nicht geschaffen, also vergiss endlich, mich in die kaiserliche Rüstung stecken zu wollen.“

„Ich bin dein Vater und verbiete dir, dass du so mit mir sprichst! Noch entscheide ich, was gut für dich ist, deine Mutter würde sich im Grab umdrehen, wenn sie davon wüßte!“

Die Faust des Generals knallte hart auf den Tisch, das dort befindliche Tintenfässchen machte dabei seltsame Sprünge und drohte umzukippen.

„Lass Mutter aus dem Spiel, hörst du!“

Diesmal war es Cidius, der wütend reagierte und von seinem Stuhl aufsprang. Noch bevor das Streitgespräch zwischen Vater und Sohn ausartete, stürmte Legat Rikke in den Kartenraum ihres Befehlshabers.

„General! Man hat den Vogt Falk Feuerbart ermordet!“

„Wie bitte? Wo, wann, wer?“

Mit ungläubigem Blick schaute Tullius Rikke, seine rechte Hand, an.

„Ich kenne keine Einzelheiten, ich erhielt gerade eben erst diese schreckliche Nachricht!“

„Verdammt nochmal, was geht in Himmelsrand vor? Erst vor ein paar Tagen der Vogt von Weißlauf, Proventus Avenicci, und jetzt Falk Feuerbart! Das stinkt doch gewaltig nach den Sturmmänteln!“

Die Wut des Generals wurde durch diese ungeheuerliche Nachricht noch mehr angeheizt. Kopfschüttelnd stapfte er hin und her.

„Das trifft sich ja wirklich wunderbar“, murmelte er schließlich und schaute dabei mit finsterem Gesichtsausdruck in Richtung Cidius.

„Nun hast du die Chance, dich für das Kaiserreich nützlich zu machen. Ich beauftrage dich hiermit offiziell, dich dieser Sache anzunehmen und sie schnellstmöglich aufzuklären. du hast alle Vollmachten!“

Am Gesichtsausdruck des Generals war zu erkennen, dass er keinerlei Widerrede hören mochte.

„Mein eigener Vater heuert mich an, welch eine Wendung dieses Gesprächs!“

Lächelnd nahm Cidius seine Waffen auf und schickte sich an, den Raum zu verlassen.

„Das ist keine befriedigende Antwort mein Sohn! Jetzt kannst du dein Talent unter Beweis stellen, oder nicht?“

Cidius drehte sich zu seinem Vater um. „In Ordnung! Ich werde mich dieser Angelegenheit annehmen. Man hat nicht immer die Möglichkeit, offiziell und mit unbegrenzter Vollmacht auf Verbrecherjagd zu gehen. Ich melde mich, sobald ich die ersten Erkenntnisse habe. Legat Rikke!“

Nach einer respektvollen Verneigung verließ der junge Mann das Hauptquartier der kaiserlichen Armee.

 

Mit besorgten Gesichtern schauten einander der General und seine rechte Hand an.

„Das ist gar nicht gut. Aber wenn Ulfric Sturmmantel meint, unsere Reihen mit heimtückischen Morden zu lichten, hat er sich gewaltig geschnitten. Und wenn ich ihm persönlich dafür den Kopf abschlagen muss!“

Wieder knallte die Faust von Tullius auf den Tisch, diesmal kippte das Tintenfässchen jedoch um. Die schwarze Flüssigkeit ergoss sich über ein vor kurzem aufgesetztes Schreiben und der General zerquetschte einen Fluch zwischen den Lippen.


- II -

 

Man hatte den Thronsaal geräumt, nur Jarl Elisif die Liebreizende, ihr Huscarl und die persönliche Wache waren noch anwesend. Alle, die den Tod von Falk Feuerbart miterlebt hatten, sagten das Gleiche, aber leider auch nichts Aussagekräftiges. Es geschah beim Mittagessen und absolut unerwartet. Man sah den Mann nur noch zusammenbrechen, die Hofzauberin konnte nur noch den Tod feststellen.

 

„Was meinst du Faendal? Wonach sieht es für dich aus?“

Nachdenklich betrachtete Cidius’ Freund den Leichnam und das Loch im hochgelegenen Mosaikfenster des Thronsaals des Jarls von Einsamkeit. Der Vogt wurde mit zwei Pfeilen von der linken Seite her tödlich getroffen. Beim genaueren Hinsehen erkannte Faendal die Befiederung, welche nur die Armee der Sturmmäntel benutzte. Dann stand er auf, schaute in Richtung des Einschussloches und rannte plötzlich aus dem Blauen Palast. Kurze Zeit später kam er wieder zurück.

„Der Schuß kam vom Turm des Hauptquartiers!“

Diese erste Feststellung ließ Cidius aufhorchen.

„Der Schuß? Und das von so einer Entfernung, am hellichten Tag? Und keiner hat etwas bemerkt oder gesehen? Willst du mich auf den Arm nehmen, mein Freund?“

Die letzte Frage war natürlich nicht ernst gemeint, Cidius kannte seinen Partner gut genug um zu wissen, dass seine Erkenntnisse und Erfahrungen bis jetzt nie falsch waren.

„Ja, ein Schuß mit zwei Pfeilen! Der Mörder wollte wohl absolut sicher gehen. Da die Geschosse nur in seinem Hals stecken und ihn nicht durchschlagen haben, gehe ich davon aus, dass die Pfeilspitzen zusätzlich mit einem schnell wirkenden Gift behaftet sind. Und wegen dem Schußwinkel kann der Mörder nur vom Turm aus geschossen haben!“

Der Elf schüttelte nach dieser Erklärung den Kopf.

„Also ich lebe ja schon lange hier in Himmelsrand. Bin quasi hier groß geworden und bin selbst ein Ausbilder dieser Waffenart. Aber ich kenne keinen Nord, der zu solch einem Schuß fähig wäre. Selbst bei uns Waldelfen kenn ich keinen, der so gut mit einem Bogen umgehen könnte. Nicht ohne schwarze Magie!“

„Schwarze Magie!? Oh, und hast du vielleicht eine Ahnung, wer dahinter stecken könnte?“

„Tut mir leid. Wenn es jemanden gäbe... aber… nein, das sind nur Gerüchte. Und du weißt, ich halte wenig von Gerüchten.“

Ein weiteres Kopfschütteln bekräftigte seine Aussagen.

„Von welchen Gerüchten sprichst du?“

Auch Cidius schenkte Legenden oder Gerüchten keinerlei Beachtung. Er war zwar noch jung an Jahren, aber schon ein Mann der Realität und glaubte nur an das, was er selber sah. Doch er brauchte einen Ansatzpunkt, auch wenn es diesmal nur ein Gerücht sein sollte.

„Es wird erzählt, dass es einen geheimen Bund von Auftragsmördern in Himmelsrand geben soll. Genannt die „Dunkle Bruderschaft“ oder auch die „Schwarze Hand“. Aber noch nie hat jemand einen von ihnen gesehen. Man munkelt von Phantomen und Schatten, die schnell auftauchen und genauso schnell wieder verschwinden. Aber sei doch mal ehrlich, so etwas können doch nur Hirngespinste sein, dem ein normaler Mensch keinen Glauben schenkt.“

„Hm, aber nicht, wenn schwarze Magie im Spiel sein sollte. In einem hast du aber vollkommen recht: die Nord würden nie vergiftete Pfeile benutzen. Das würde ihrer Ursprungslebensweise eines jagenden Volkes vollkommen widersprechen. Aber es ist auch nicht auszuschließen, dass man sich der Mystik und Magie dieses Landes bedient, um den Bürgerkrieg zu ihren Gunsten zu drehen. Du kennst das Leben und die Geschichte von Ulfric Sturmmantel. Ich kann mir gut vorstellen, dass er dazu fähig und bereit wäre, dies zu seinem Vorteil anzuwenden. Nur um die Kaiserlichen aus seinem Land zu jagen…“

Cidian überlegte längere Zeit und überdachte die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens.

„Mit Gerüchen alleine kann ich erst einmal nicht zu meinem Vater gehen. Sein Blut ist jetzt schon kochend heiß vor Wut. Lass uns den Turm des Hauptquartiers begutachten, vielleicht finden wir da eine Spur. Außerdem sollten wir mit den Einwohnern reden, vielleicht haben die etwas gesehen oder bemerkt. Aber Faendal, ich spüre, dass da Kräfte am Werk sind, von denen wir noch nichts ahnen.“

„Hm, wenn du meinst Cidius. Aber lass deinen Vater bloß nichts von deinen Verschwörungstheorien hören. Das letzte Mal ging das gewaltig in die Hose!“

Mit einem schiefen Lächeln klopfte der Waldelf seinem Freund auf die Schulter, dann verließen sie gemeinsam den Blauen Palast.


- III -


Hecarilar runzelte die Stirn, der Bericht seines Vetters war nicht gerade befriedigend. Der alte Hochelf stellte den Silberbecher auf den Tisch und füllte ihn erneut mit Wein. Er kam gerade aus der Akademie von Winterfeste, wo er eine Unterhaltung mit Ancano von Sunhold hatte. Die Fahrt in der Kutsche tat seinen alten Knochen gar nicht gut, seine Versuche, diese wieder durch lockernde Bewegungen zu richten, waren nur zur Hälfte erfolgreich. Mit einem schweren Seufzer nahm er wieder einen Schluck Wein. Umbacalm blickte den Erzmagier an. Er merkte, dass dem alten Mann die neuen Nachrichten nicht schmeckten.

„Hervorragende Idee, die „Dunkle Bruderschaft“ wieder anzuheuern. Musstest du aber gleich soviele Septime für sie ausgeben? Gut, sie sind das Gold wert, aber...“

Der alte Mann nahm mürrisch einen weiteren Schluck aus dem Becher.

„Aber was? Dass sie uns im Unklaren lassen und es sehr schleppend vorangeht? Das ist doch nichts Neues. Wir können froh sein, dass wir mit einem Gerücht im Bunde sind, so fällt kein Verdacht auf uns. Und bis jetzt hatte „Die schwarze Hand“ immer sehr gute Dienste geleistet!“

Ein weiterer Hochelf betrat das Geheimkabinett, seinem Gesichtsausdruck nach hatte er wohl eine positive Nachricht.

„Estale, was hast du zu berichten? Ich könnte gute Nachrichten jetzt gebrauchen!“

Der Erzmagier füllte einen weiteren Becher mit dem süßlichen Wein und reichte ihn dem Eingetretenen.

„Schön Euch wiederzusehen, Hecarilar von Alinor! In der Tat, die „Dunkle Bruderschaft“ hat wieder zugeschlagen! Vogt Falk Feuerbart hat das Zeitliche gesegnet. Und das am hellichten Tag!“

Estale prostete seinem Meister zu und nahm dann einen kräftigen Schluck aus dem Becher.

„Sehr schön. Also können wir unseren Plan in die nächste Phase bringen. Möge ein weiteres Verwirrspiel beginnen! Wie sieht es mit unseren Agenten in den Städten der Sturmmäntel aus?“

Der Erzmagier setzte sich in den thronähnlichen Stuhl, und wies die Anwesenden an, sich ebenfalls zu setzen.

„Die Plätze der ersten Verzauberer in Windhelm, Markarth und Rifton wurden durch unsere Agenten eingenommen, und diese warten nur noch auf weitere Order von uns. Aber da gibt es ein kleines Problem…“

Etwas besorgt schaute Estale seinen Herrn und Meister an.

„Der Sohn des Generals hat die Ermittlungen aufgenommen. Und...“

„Keine Sorge Großmeister, das ist doch perfekt! Vater und Sohn sind so zerstritten, dass der General, wenn er wieder von einer Verschwörung hört, ausrasten wird. Er hat genug mit dem Bürgerkrieg am Hals. Gut, sein Sohn hätte fast den Mord am Kaiser, und somit unsere Beteiligung, aufgedeckt. Aber dank Euch, Estale, sind wir unbeschadet aus der Sache rausgekommen und haben den Sohn schlecht aussehen lassen! Besser ihn als Legat Rikke. Diese Hure des Befehlshabers der kaiserlichen Armee hätte uns mehr Schwierigkeiten gemacht! Also lasst uns fortfahren! Ich glaube das wird ein wunderschöner Tag!“