DER TOD WARTET NICHT


Kapitel 3 - Der Tod versucht nicht -


- XIII -


Wie von Geisterhand geformt, entstanden unheimlich aussehende Wolken, je höher man den Berg hochkletterte. Sie verdeckten teilweise die Sonne, deren Strahlen in einem unnatürlichen Schein versuchten, diese dunklen Wolkengebilde zu durchdringen. Ihr Licht tauchte den Berg und die gesamte Umgebung in ein mystisch düsteres Antlitz. Als ob das Böse damit bezwecken wollte, dass die fremden Eindringlinge sich nicht weiter wagten. Wie eine Warnung, die sagen wollte: „Bis hier hin und nicht weiter!“

Nur da war wohl Boethiah schlecht beraten, wenn er meinte, so die drei Freunde vertreiben zu können.

„Nach einem Blizzard, den du, mein werter Nord, vorausgesagt hattest, sieht es aber nicht aus. Das ist mehr ein Spuk oder ein Gruß der Götter, deren Boden wir wohl unerlaubt betreten haben. Nur halte ich davon sehr wenig“, sagte Cidius, während er sich umblickte und dann ins Tal hinunterschaute. Man konnte sehr gut Windhelm sehen, wo sich diese Wettererscheinung über die Stadt zu legen schien und wie ein böses Omen aussah.

„Du scheinst wohl nicht an Götter und ähnliches zu glauben, oder, mein junger Freund?“

Als ihn dies der Nord fragte, drehte sich der Angesprochene zu ihm um und antwortete:

„Ich respektiere hier im Land die Kulturen und die unterschiedlichen Gottesanbetungen. Nur glaube ich nur an das, was ich wirklich sehe. Und da gehören eben Götter nicht dazu. Auch wenn ich in Einsamkeit aufgewachsen und somit auch ein Kind Himmelsrand bin, habe ich sehr wenig von der Anbetung der „Neun“ gehalten.

Faendal hat schon oft versucht, mir diese Götter nahezubringen, allerdings hatte er bis jetzt auch keinen Erfolg bei mir. Wie gesagt, ich glaube nicht an Gottwesen und deren Existenzen, solange ich nicht einen höchstpersönlich gesehen habe. Gut, Drachen sollen den Gotteswesen gleichkommen, aber man kann sie töten, wie es uns das Drachenblut ja vorgemacht hat. Also waren es keine Götter, sondern Wesen aus Fleisch und Blut, die durch Alduin wiedererweckt wurden. War Alduin ein Gott? Ich weiß es nicht, aber auch er wurde vernichtet, also konnte er es nicht gewesen sein. Denn Götter sollten doch unsterblich sein, oder?“

Cidius schaute nun gespannt Engar an, der aber seinen fragenden Blicken standhielt. Er beantwortete die Frage des jungen Mannes mit einer Gegenfrage: „Und an was glaubst Du dann?“

„An meine Freunde... an Vittoria... an meinen Vater... an mein Leben! Das sind die Dinge, an die ich glaube. Weil diese real sind, weil diese fassbar und spürbar sind. Ich glaube, dass mein bisheriges Handeln, meine Berufung, einem guten Zweck dient. Mein Denken, mein Tun, meine Hoffnung und unser gemeinsames Dasein, das formt meinen Glauben. Auch wenn das vielleicht nicht euren Göttern entsprechen sollte, aber es ist mein Glaube. Und dieser wird mich dort hinleiten, wo auch immer mein Weg mit ihm hinführen soll.“

„Wie wahr, wie wahr! In diesem Punkt können wir uns die Hand reichen. Ich sehe es mittlerweile genauso wie du, Cidius, auch wenn ich lange dazu gebraucht habe.“

Nun war es an dem jungen Mann, überrascht auf den alten Nord zu blicken.

„Ja, schau nicht so erstaunt, mein Freund! Seit dem Tod meines Vaters wurde mein Glaube zu den Göttern erschüttert, beziehungsweise habe ich den Glauben an die Neun verloren. Deine Ansichten des Glaubens sind weltlich, natürlich, fassbar und eigen. Als ich noch ein Kind war und die Geschichten über die Götter hörte, um mich eventuell zu beruhigen oder vielleicht einzuschüchtern, wollte ich den Pfad, den die Götter gegangen sind, selbst beschreiten. Doch immer wieder stellte ich fest, dass ich allein auf diesem Pfad war. Da half auch kein Beten und Bitten. Denn wo waren sie, als er ermordet wurde und ihren Schutz brauchte? Wo waren sie, als ich nach dem Mörder suchte und um ihre Hilfe bat? Keiner hat sich blicken lassen, um mir den Weg zu ihm zu offenbaren, um mir das Gesicht des Mörders zu zeigen. Wozu also das ganze Beten, wenn sie sich nicht um ihre Anbeter kümmern? …

Seitdem habe ich nur noch an mich geglaubt, beziehungsweise nur an das, was ich wirklich sehen und erschlagen konnte, wenn sich der Gegner vor mich stellte und mich töten wollte. Ein Krieger darf sich nicht von Gottesanbetungen leiten lassen, denn das Schlachtfeld ist kein Glaube, das ist die brutale Realität, worauf die Götter nur herunterblicken und nichts tun, als sich an dieser Realität zu ergötzen.“

Als er mit seiner Ansicht fertig war, blickte er zum Gipfel und schlug vor: „Lasst uns weitergehen! Diese mysteriöse Dunkelheit kommt uns nur gelegen. Vielleicht sollten wir uns bei demjenigen bedanken, wer auch immer dafür verantwortlich ist.“

Mehr war dazu nicht zu sagen, ohne weitere Glaubensoffenbarungen ging der gefährliche Aufstieg weiter und man erreichte nach einiger Zeit, die großen Felsen als Deckung nutzend und nun vorsichtig vorwärtsschleichend, den Gipfel des Berges. Was sie dann jedoch zu sehen bekamen, als sie den Standort des Kultes von Boethiah erreichten, wünschte man keinem lebenden Wesen mit normalem Menschenverstand.


- XIV -


Die gespaltenen Zwillingstürme


Legat Rikke erreichte am späten Nachmittag die Grenze zu Reach und schon von Weitem waren die gespaltenen Zwillingstürmen zu sehen. Sie befahl das Absatteln und man ließ die Pferde, versteckt im hohen Gestrüpp, zurück. Die vier Prätorianer gingen vor und man erreichte kurze Zeit später die Anhöhe, auf der sich die Ruinen der beiden ehemaligen Wachtürme befanden. Die Voraussicht war angebracht, denn Abgeschworene hatten sich in den Zwillingstürmen eingerichtet. Ihr Angriff auf die schwerbewaffneten und gepanzerten Elitesoldaten war zu vergleichen, als würden Mäuse gegen Mammuts kämpfen. Der Kampf war kurz und brachte den Tod über die drei Fehlgeleiteten. Anders konnte man die Abgeschworenen nicht bezeichnen. Sie waren zwar mutig, aber gegen solch eine Einheit hatten sie keinerlei Chance eines erfolgreichen Verteidigens ihres kürzlich erbeuteten Territoriums.

Die Legatin blickte in das Tal hinunter, währenddessen ihre Soldaten die Spuren des Kampfes beseitigten. Noch immer war sie nicht überzeugt, warum sie sich eigentlich solch einer Gefahr aussetzte. Gut, das war ihr Leben, seit sie in die Dienste des Kaiserlichen Militärs trat. Dass man dabei in gefährliche Situationen geriet, war Normalität. Aber das machte ihr nichts aus. Die Offizierin war schon oft in Kämpfe verwickelt gewesen, die durch Hinterhalte entstanden waren und bis jetzt war sie immer mit heiler Haut davongekommen.

Es war nun fast neunzehn Jahre her, als man ihr die erste Offiziersrüstung überreichte, und so lange kannte sie General Tullius schon, der früher, als sie ihn zum ersten Mal sah, noch ein heißblütiger Tribun war. Sie hatte sich sofort in ihn verliebt. Sie mochte seine Stärke, sein militärisches Geschick, sein ganzes erhabenes Auftreten und seine Treue zu seinen Untergebenen. Er war immer für sie da, manchmal hart durchgreifend, aber immer fair und gerecht. Seine Treue zum Kaiserreich wurde bald mit dem Rang eines General belohnt, somit war er der jüngste General, der je in der Kaiserlichen Armee seinen Dienst verrichtete. Er war Rikke auch nicht abgeneigt, aber ihre Liebe verlor sich in den weiteren Kriegen, die die Anwesenheit des noch sehr jungen Generals erforderten.

Vor zehn Jahren wurde sie seine rechte Hand, als man sie nach Himmelrand schickte, um ihren ehemaligen Geliebten zu unterstützen. Nicht ohne Grund wurden ihre Einheiten, die sie nun befehligte, in den Norden geschickt. Ein Krieg gegen die Sturmmäntel stand bevor und man wollte unbedingt den Einfluss des Kaiserreichs in diesem Land festigen. Wenn es sein musste auch mit Waffengewalt. So wurde sie selbst ein aktiver Teil dieses Bürgerkrieges, der sich, als die Legatin zum ersten Mal das Land betrat, abzuzeichnen begann. Da sah sie den General auch zum ersten Mal wieder. Nur war er nicht mehr der liebenswürdige Mann, der in ihren Erinnerungen lebte. Tullius hatte sich sehr verändert. Er war noch härter, gnadenloser und unnachgiebiger geworden.

Auf der einen Seite hatte er den Tod seiner Frau nicht überwinden können, die bei der Geburt ihres Sohnes Cidius starb. Weiterhin hatte er große Probleme bei der Erziehung desselben. Obwohl er ihm jeden Weg öffnete, der ihm ob seiner Stellung möglich war, damit er eines Tages in die Fußstapfen seines Vaters treten konnte, ging Cidius von Anfang an seinen eigenen Interessen nach. Oft war sie Zeuge, wie sich Vater und Sohn in einem Streit verrannten und nie zu einem Kompromiss bereit waren. Jeder beharrte auf seinem Willen und meistens zog Tullius den Kürzeren. Er meinte es doch immer gut mit seinem Sohn, aber sie verstand auch die Beweggründe von Cidius. Er wollte ein eigenes Leben, ohne zu etwas gezwungen zu sein. Freie und eigene Entscheidungen treffen, ohne dass ihm einer diese vorschrieb. Nicht jeder war für ein Leben in der Armee geschaffen, das musste sie selbst bei ihren jungen Legionären erfahren, die man ihr unterstellte und welche sie dann auszubilden hatte.

Nur wollte das der eingefleischte General einer Kaiserlichen Armee nie hören.

Doch mit der Zeit schaffte sie es, ihre verlorengeglaubte Liebe wachzurütteln. Ihn von den ewigen Streitereien mit seinem Sohn abzulenken und langsam taute er wieder auf. Wurde umgänglicher, beherrschter. Tullius wurde langsam wieder zu dem Mann, den sie damals kannte und in den sie sich verliebt hatte.

Dann die andere Seite, die mit der Ermordung des letzten Kaisers begann. Der Bürgerkrieg war im vollen Gange, als das Attentat auf Titus Mede verübt wurde und sein Sohn die Ermittlungen dazu führte. Er verdächtigte von Anfang die Thalmor. Er war fest überzeugt, dass es deren Machenschaften waren, die zum Tod von Titus Mede führten. Sie glaubte ihm von Beginn an und er hatte in ihr eine Fürsprecherin. Doch was den beiden fehlte, waren unumstößliche Beweise, dass der Aldmeri-Bund seine Hand im Spiel hatte. Die Botschafter der Thalmor schafften es, Cidius und die Legatin in aller Öffentlichkeit zu diffamieren, als infame Lügner und Feinde der Thalmor hinzustellen, die nur das Beste für das Kaiserreich wollten. Am Ende der großen Debatte bezichtigte man die Nord dieser Gewalttat. Diese einfache und logische Endlösung einer Lüge stank gen Himmel. Und Estale, oberster Botschafter der Thalmor in Einsamkeit, stachelte das Kaiserreich zum endgültigen Schlag gegen Ulfric Sturmmantel auf. Am liebsten hätte sie ihm damals eigenhändig und öffentlich ihr Schwert in sein gespaltenes und verlogenes Herz gerammt, ob seiner Lügen und Anschuldigungen. Doch die Frau konnte sich noch rechtzeitig beherrschen, was auch ein Verdienst von Cidius war, der ihre Absichten erahnte und sie noch rechtzeitig beruhigen konnte.

Dass sie ein Dorn in den Augen der Thalmor war, wurde ihr mehr und mehr bewusst, je mehr sie sich gegen diese Fraktion stellte. Und die rechte Hand des Generals machte kein Hehl daraus, dass sie die Thalmor nicht aus den Augen lassen würde.

Dadurch wurde der Krieg gegen die Nord noch härter und erbarmungsloser geführt. Sie verstand ihren Liebsten nicht, warum er sich so von den Thalmor einwickeln ließ, dass er zur Marionette und Handlanger dieser Hochelfen wurde. Es war nicht mehr nur ein Krieg zwischen Kaiserreich und Sturmmäntel, sondern wurde mehr und mehr von den Thalmor gesteuert. Doch die Legatin liebte ihren General zu sehr, als sich gegen ihn zu stellen und ihn von den wahren Absichten der Hochelfen zu überzeugen.

Als dann die Drachenkrise hinzukam und diese mystischen Wesen keine Unterschiede kannten, wer nun ihr Opfer wurde, beruhigten sich die verhärteten Fronten beider Kriegsparteien und das Drachenblut schaffte eine zweijährige Waffenruhe. Dass das den Thalmor gar nicht schmeckte, konnte man ihnen sehr gut ansehen. Sie war ja in Hoch Hrothgar dabeigewesen, als man Hecarilar, den Erzmagier des Aldmeri-Bundes, auf Ulfrics Geheiß des Saales verwies. Wenn Blicke töten könnten, wäre schon damals der König der Nord ein willkommenes Opfer der Thalmor geworden. Und dass noch dazu General Tullius dieser Aufforderung nachkam, war ein noch größerer Stachel, den man in das Herz des alten Erzmagiers jagte. Dass er sich damit keine weiteren Freunde unter den Thalmor machte, war aber offenbar nur ihr bewusst.

So mussten die Thalmor zusehen, wie beide Parteien die Waffenruhe unterzeichneten. Ein unbedeutendes Drachenblut hatte es geschafft, zwei Jahre Kriegstreiberei seitens des Aldmeri-Bundes einfach so auf Eis zu legen. Doch wer sich mit Drachen anlegen konnte und dann noch die Graubärte als Meister im Rücken hatte, war für die Thalmor ein viel zu harter und nie zu unterschätzender Gegner, den man sich zur Zeit nicht leisten konnte, als Feind zu haben. Also nahm man diese Waffenruhe in Kauf, in der Hoffnung, dass das Drachenblut schnellstmöglich das Drachenproblem beseitigen würde.

Das war nun einige Jahre her und seitdem wurde der Bürgerkrieg immer schlimmer. Nun diese Vorkommnisse und Mordserien, die das Konfliktpotenzial noch mehr verschärften. Rikke glaubte schon lange nicht mehr daran, dass das die Nord gewesen sein sollen. Das war nicht deren Handschrift. Sie kannte ihren Gegner nur zu gut, die Sturmmäntel hatten noch nie Gewaltakte gegen zivile Personen durchgeführt.

Wenn sie kämpften, dann stets Angesicht zu Angesicht. Und nie tötete man einen Menschen, der unbewaffnet war oder aus einem gemeinen Hinterhalt heraus.

„Nein, niemals würden das die Nord tun!“ sagte sie laut. Sie drehte sich um, als sich ein Prätorianer näherte.

„Und wie sieht es aus? Schon etwas von den Sturmmänteln zu sehen?“

Die Legatin schaute dabei auf den Posten, der hoch oben auf der Turmspitze stand: „Mann, der Tölpel soll sich nicht so offen zeigen, den sieht man doch meilenweit! Glaubt er, die Sturmmäntel sind blind?“

„Ich werde es ihm sofort ausrichten und nein, noch nichts von ihnen zu sehen. Wir lange werden wir warten und wird es zum Kampf kommen?“

„Solange wie es sein muss! Und nein, das ist ein friedliches Treffen auf neutralem Boden. Das ist der Grund, warum wir hier sind. Ich will hören, was der Erste Feldherr der Sturmmäntel zu sagen hat. Das will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen und somit sind jegliche Kampfhandlungen ausgeschlossen. Also, bleibt bloß in Deckung, macht Euch unsichtbar, wenn es sein muss. Nur auf meinen Befehl hin werdet ihr die Deckung verlassen und nicht eher. Ist das klar?“

„Jawohl, Legat!“

Der Soldat verschwand schnell in Richtung der Türme und kurz darauf war der Ausschau haltende Wachtposten nicht mehr zu sehen.

„Er wird kommen“, sagte sie noch zu sich selbst.


- XV -


Man hatte es geschafft, den Rand der Stätte des Kultes zu erreichen. Die großen Felsen und die eigenartige Dunkelheit am Standort verschafften ihnen ausreichende Deckung, um unbemerkt diesen unheimlichen Ort zu erreichen. Man half sich gegenseitig an einer hohen Felsmauer hinauf, als sie oben waren, legten sie sich auf den Boden und die drei Freunde spähten über die Felskante hinweg. Man hatte nun einen sehr guten Überblick und eine haarsträubende Aussicht auf die vorhandenen und kommenden schrecklichen Eindrücke, die das Böse bereithielt.

Es war ein Ort des Todes, ein Ort der Lebensverachtung. Alle Gerüchte, die man über diesen Kult erzählte, wurde ihnen schlagartig als grausame Realität offenbart. Geronnenes Blut war der Teppich, auf dem man ging oder stand. Verbrannte Leichen lagen herum oder waren aufgespießt auf riesigen Pfählen. Man zählte siebzehn Männer und Frauen, die die Anhänger des Kultes zu sein schienen. Einige hielten Wache, andere standen an einem umzäunten Kreis herum und betrachteten ein makaberes Schauspiel.Vier Männer kämpfen in dieser blutigen kleinen Arena miteinander und das war kein Trainingskampf. Man kämpfte auf Leben und Tod. Ihre Augen waren dabei unnatürlich grün, ein Zeichen, dass sie unter irgendeiner Droge standen. Eine Frau, die am Eingang der Arena stand, verfolgte vergnügt das Schauspiel in der Arena. Jeder zugefügte Schnitt, jeder blutige Schlag, jedes Spritzen des Lebenssaftes, wurde von ihr frenetisch gefeiert und die anderen Gaffer fielen in ihren Gefühlsausbruch ein. Sie schien wohl die Priesterin zu sein, die hier das Sagen hatte. Neben ihr stand ein Kessel, in dem eine giftgrüne Substanz brodelte. Ein vielsagender Hinweis, dass man der Herkunft des mysteriösen Giftes, den ihre Mörder verwendeten, sehr nahe war.

Dass der Kampf in der Arena nicht normal war, lag wohl hauptsächlich daran, dass keiner der Männer lebend die Arena verließ. Auch wenn der letzte Mann seine Arme ob des Sieges hochriss, brach er kurz danach trotzdem sterbend zusammen. Seine Verletzungen waren zu schwer, als dass er damit überlebt hätte. Die Gaffer holten dann die Leichen aus der Arena des Todes, nachdem die Priesterin sie dazu aufgefordert hatte. Man brachte sie hoch zu der blutigen Statue, legte die Toten vor sie hin und begann ein schauriges Ritual, welches jedem hartgesottenen Mann den Magen umdrehen würde.

Die drei Beobachter wandten sich angewidert ab, sie hatten genug gesehen und ihr Wille, diesem menschenverachtenden Tun ein Ende zu setzen, wurde immer stärker.

„Das endet hier und heute, so wahr ich das hier gesehen habe. Das sind Bestien in Menschengestalt!“

Engar hatte Mühe, seinen Brechreiz zu unterdrücken, auch den anderen Zwei erging es nicht anders.

„Ich brauche die Priesterin aber lebend, denn nur sie wird uns die Zusammenhänge erklären können. Die anderen sind in ihren Bann gefangen, fehlgeleitete Anbeter. Aber du hast Recht, Engar, sie sind so verblendet, dass sie für ihre Priesterin sterben werden. Das wird ein harter Kampf!“

Die Blicke von Cidius waren unsicher, aber auch fest einschlossen.

„Dann lass uns unsere Männer holen und schicken wir diesen Kult zur Hölle!“

„Faendal, nun kannst du zeigen, ob deine Schießkünste mit dem Bogen nicht eingerostet sind. Deine schnellen und tödlichen Pfeile werden wir mit Sicherheit brauchen.“

„Inwiefern?...“

„...Das erkläre ich dir unten, ich habe einen Plan!“

Unbemerkt wie sie gekommen waren, machten sie sich schnell an den Abstieg.


- XVI -


„Das ist doch kaum zu glauben! Was will man damit bezwecken? Die Akademie der Magier verhielt sich doch bisher immer neutral, hatte sich nie für irgendeine Seite interessiert, außer für sich selbst. Also warum jetzt der Mord an Erzmagier Savos Aven! Das ergibt doch keinen Sinn!“

Yrsarald Dreifach-Durchstoßen, der nun stellvertretend für Galmar Stein-Faust die rechte Hand von Ulfric Sturmmantel war, blickte seinen König erschrocken an. Die Nachricht aus Winterfeste war von derart unglaublicher Natur, dass Ulfric einen Kriegsrat einberief, an der nun alle führenden Offiziere der Sturmmäntel, die sich derzeit in Windhelm befanden, sowie der Erste Verzauberer teilnehmen mussten.

„Und ob das einen Sinn ergibt!...“

Der Monarch stand von seinem Stuhl auf und ging langsam nachdenklich auf und ab. Dabei sprach er seine Gedanken laut aus.

„Meine Herren!... Und ob das Sinn ergibt! Ich ahnte schon die ganze Zeit, dass nicht mehr das Kaiserreich unser alleiniger Feind ist. Dass noch jemand die Fäden zieht und die Kaiserliche Armee nur noch eine Marionette dieser Macht ist. Ich erkannte sofort die Absicht derer, die für diesen Mord am Erzmagier verantwortlich sind. Oder sehe ich das falsch, Erster Verzauberer?“

Ulfric blieb hinter dem Angesprochenen stehen und drückte diesen fest in seinen Stuhl, so dass dem Verzauberer keine Möglichkeit blieb, eine Flucht zu unternehmen.

„Ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum Ihr nie die Kapuze abnahmt. Oder ist es in diesen Hallen so kalt, dass Ihr sie ständig tragen müsst?“

Er riss ihm dabei die Kopfbedeckung ab und das Gesicht eines Hochelfen kam zum Vorschein.

„Jorleif! Ich will jetzt nicht wissen, warum Euch das entgangen ist. Aber ich habe Verständnis dafür, dass Ihr schnell einen Ersatz finden musstest, nachdem man den Alten in den Kerker geworfen hatte. Allerdings haben wir dadurch eine Schlange an unserer Seite gelassen. Ein giftiges Reptil einer Macht, die ganz Himmelsrand in Sklaverei und unvorstellbare Tyrannei stürzen kann!“

Während der König das alles gefährlich ruhig sagte, kam sein Gesicht dem rechten spitzen Ohr des Befragten ziemlich nahe.

„Wenn ich etwas vergessen sollte, könnt Ihr Euch ruhig dazu äußern und es klarstellen, Meryaran – Agent der Thalmor!“

Dabei flogen Pergamente und Briefe vor ihm auf den Tisch, die zum Teil das Siegel des Aldmeri-Bundes trugen und die Ulfric vorher aus seiner königlichen Robe hervor geholt hatte. Alle Anwesenden sprangen auf und blickten den Hochelfen zornig an.

„Während ich Euch in die Stadt schickte, um unwichtige Dinge zu erledigen, hat meine Leibgarde Euer Quartier durchsucht und diese Pamphlete gefunden, die Euch entlarvten. Geschickt eingefädelt, sage ich nur dazu!“

Er hob den Hochelf am Kragen seiner Kutte aus dem Stuhl und warf ihn vor die Füße der Wache, als ob der Altmer nur aus Daunen bestehen würde. Die Wache, die wie auf Kommando den Besprechungsraum betrat, nahm sich energisch und unmissverständlich des Thalmor an, so hart wie er hochgerissen wurde.

„Bringt dieses Geschmeiß in den Kerker! Ich werde ihn höchstpersönlich befragen! Denn ich habe viele Fragen und ich hoffe in Eurem Interesse, dass die Antworten mich befriedigen werden!“

Die Wachen schleiften den Gefangenen aus dem Raum, der nicht einmal versuchte sich zu wehren. Nur aus seinen Augen schossen Blicke, die Hass und Verachtung ausdrückten.


Ulfric Sturmmantel setzte sich wieder auf seinen Stuhl, nur die Anwesenden standen noch und schauten ihren König voller Überraschung und Erstaunen an.

„Wie... wie habt Ihr das herausgefunden, mein König?“

Es war Jorleif, sein Vogt, der die angespannte Stille durchbrach.

„Setzt Euch wieder, meine Herren.“

Die Worte ihres Anführers und die bezeichnende Handbewegung brachten die Anwesenden dazu, der Aufforderung nachzukommen.

Als man sich wieder hingesetzt hatte und alle zu Ulfric schauten, begann dieser mit seiner Erklärung.

„Meine Herren! Seit dem Eintreffen des Sohnes von General Tullius, seinen damaligen Ermittlungen in Bezug auf die Ermordung des Kaisers, wo man uns dafür verantwortlich machte und seine Vermutungen in Bezug einer weiteren Verschwörung der Thalmor, die mir Engar darlegte, kam ich zu dem Schluss, dass Vieles dafür sprach, dass die Thalmor hinter all dem stecken, was in letzter Zeit vorgefallen war. Und auch ein Rat des jungen Mannes, der mich dazu bewegte, diesen Verzauberer genauer zu beobachten. Ihm missfiel sein Verhalten und sein stetiges Interesse an seinen Gesprächen. Seine Auffassungsgabe von Merkwürdigkeiten ist wahrlich bemerkenswert.

Wie Ihr wisst, seit die Thalmor die Anbetung von Talos ächteten, haben wir schon deshalb seit langem im Aldmeri-Bund einen Feind, der sich bisher aber nie an Kampfhandlungen gegen uns beteiligte. Seine Stärke liegt in Einschüchterungen, Folterungen, Verschwörungen und Kriegstreibereien, die diese Thalmor gern aus dem Hintergrund vollziehen. Und die letzten Ereignisse, die unzählig verübten und unwillkürlich erscheinenden Morde, sind genau deren Handschrift. Dass sie sich dabei meist selbst nicht die Finger schmutzig machten, sondern sich noch unbekannte Fraktionen zu Hilfe holten, um diese Taten zu begehen...“

„Was wollen die damit bezwecken?...“, begann Yrsarald zu fragen und unterbrach damit die Erklärung seines Königs.

„Gut, ich beginne nun langsam die Zusammenhänge zu verstehen. Mit der Akademie in Winterfeste, haben die Thalmor einen strategisch klugen Schachzug vollzogen und befinden sich nun in unserem Rücken. Und dieser Ancano von Sundhold ist ja Thalmor. Aber ich glaube kaum, dass das in Absprache mit der imperialen Führung gemacht wurde. Denn soviel ich weiß, haben die Kaiserlichen den neutralen Standpunkt der Magier immer respektiert und sie stets in Ruhe gelassen. Und ich glaube auch nicht, dass die Thalmor selbst uns von da aus angreifen werden. Also gegen wen kämpfen wir nun eigentlich?“

Seine Frage fand allgemeine Zustimmung. Wieder erhob sich Ulfric Sturmmantel, blickte in die Runde und sagte: „Genau das werde ich jetzt aus dieser Schlange herausholen! Den zündenden Hinweis gabt Ihr, Vogt Jorleif, denn Euer Bericht in Bezug der ermordeten Frau war wie immer sehr präzise! Das blutige „T“ veranlasste mich, eigene Nachforschungen durchzuführen. Und bei dieser Untersuchung und der darauffolgenden Durchsuchung des Quartiers des Ersten Verzauberers geriet ein Brief eines sehr bekannten und alten Feindes in meine Hände. Noch sind viele Fragen offen, wo ich hoffe, dass ich sie gleich von diesem Meryaran beantwortet bekommen werde. Bis dahin, meine Herren, absolutes Stillschweigen über die Dinge, die hier besprochen wurden und geschehen sind! Erst dann, und ich hoffe dabei auf die baldige Rückkehr des Sohnes des Generals, werden wir gemeinsam beratschlagen, wie unser weiteres Vorgehen aussieht. Ihr seid erst einmal entlassen, meine Herren! Außer Ihr, Yrsarald, Ihr seid bei der Befragung des Thalmors dabei!“

„Jawohl, mein Herr!“