In Drachenblut geschmiedet


Kapitel 3 - Eine unerwartete Begegnung -





Weißlauf war fast erreicht. Ein paar Meilen noch. Ich erreichte die Waldgrenze. Die Straße machte eine leicht linke Richtungsänderung. Da die Stimmen einfach nicht aus meinen Kopf gehen wollten, merkte ich den Schatten zu spät, der hinter einer alten Eiche hervor schoß. Trotzdem war ich noch schnell genug, blitzschnell meine Schwerter zu ziehen, mich umzudrehen und die Klinge kurz vor der Brust des hinter mir auftauchenden Schattens zu stoppen.

„Samara halte ein! Ich habe keine Lust, das hier meine Reise mit gespaltenen Körper endet. Mann, Mann, Mann! Deine Reaktionsfähigkeit ist einfach nicht zu unterschätzen. Obwohl Du gedankenversunken durch die Gegend streifst. Ich bin froh das ich nicht Dein Feind bin!“

Moment mal, diese Stimme kam mir doch bekannt vor. Aber das konnte doch nicht sein! „Nimm Deine Maske runter! Damit ich sehen kann, was ich nicht glauben kann! Was ich für Unmöglich erachte. ...KEMATU?!“

 

Er nahm langsam die Maske ab. Als ich dieses Gesicht nun wiedererkannte, war ich den Tränen nahe. Es war Kematu! Der beste Freund meines verstorbenen Mannes Yasudo. Er ist einer der gefürchtesten Assassinenführer von ganz Akil`r. Auch er bekam seine Ausbildung von meinem Vater. Dort lernte ich ihn auch kennen und schätzen.

„Das kann doch nicht wahr sein! Wie zum Teufel kommst Du hier her? Ich kann es immer noch nicht glauben!“

Weinend fiel ich ihm um den Hals. Es dauerte eine Weile bis ich mich wieder im Griff hatte. Ich begutachtete ihn. Vom Aussehen her hatte sich nicht viel geändert, aber ich sah, das sein Körper mehr Muskel bekommen hatte. Auch wenn er eine Rüstung trug, die seinen Körper mehr als nur betont. Aber auch das die letzten Jahre ihm eine sichtbar ältere Erscheinung gaben. Seine Gesichtszüge waren härter, kantiger und ernster geworden. Seine Augen strahlten mit fester Entschlossenheit. Das Neue was ich sah, ist die noch frische Narbe unter seinem linken Auge. Machte ihn nicht weniger attraktiv. Ganz im Gegenteil! Diese Narbe stand ihm gut und passte zu seiner Natur. Unbewusst legte ich meinen Kopf auf seine rechte Schulter und genoss den Augenblick etwas Bekanntes zu umarmen. Etwas aus der Heimat zu fühlen. Das Gefühl, welches mir eine Ewigkeit, seit der Flucht, gefehlt hatte.

 

„Geht es Dir jetzt wieder besser Samara? So aufgewühlt habe ich Dich noch nie erlebt! ist aber vollkommen verständlich nach Allem was in Skaven passiert ist!“

Seine Worte waren beruhigend gewählt. Die Wärme seiner Stimme hörte sich wunderbar an.

„Aber, aber...was machst Du denn hier?“, schluchzte ich.

„Das ist eine lange Geschichte! Normalerweise bin ich hier wegen eines Auftrages und das kam mir ganz recht. Weil Dein Vater mich bat, nach Dir zu suchen. Und die Kunde, das eine Fremde hier in der Gegend auftaucht sei, folgte ich meinem Instinkt. Seit dem warst Du nicht mehr unbeobachtet. Und als mich vor Kurzem einer meiner Leute Dich beschrieb, war ich mir sofort sicher, das es nur Du sein kannst. Nur wusste ich nicht, das Du so darauf reagierst, entschuldige bitte mein unerwartetes Erscheinen. Aber Du kennst mich ja. Ich stehe auf einen guten Auftritt!“

„Du Dummerchen! Mach das nicht noch einmal. Du hast ja keine Ahnung, was ich mittlerweile erlebt und durchgemacht habe. Meine Nerven liegen langsam blank. Aber trotzdem freue ich mich riesig endlich ein bekanntes Gesicht zu sehen. Auch wenn es absolut unerwartet kommt. Also mein Vater bat Dich mich zu suchen! Wie geht es ihm und meiner Mutter? Seit meiner Flucht aus Skaven, bin ich vollkommen im Ungewissen wie es Ihnen geht!“

Ich bebte am ganzen Körper, meine Augen klammerten sich an seine Lippen fest, damit ich ja jedes Wort nicht nur hören, sondern auch sehen konnte.

„Es tut mir wahnsinnig leid, was Dir und Deiner Familie zugestoßen ist! Mein herzlichstes Beileid ob Deines riesigen Verlustes! Ich bin sofort zu Deinem Vater nach Anvil gereist, als dessen Kurier zu mir kam. Zusammen haben wir Deine Familie bestattet. Wir dachten, auch Du seist bei dem Angriff gefallen, fanden aber nur die Überreste Deiner Schüler. Deine Familie glaubt nicht an Deinen Tod. Somit bat mich Dein Vater, nach Dir zu suchen, koste es was es wolle. Und klar, diese Bitte konnte ich ihm nicht abschlagen. So bin ich nun hier. Aber wie ich feststelle, machst Du keine Anstalten nach Hause zurück zu kehren. Ganz im Gegenteil! Du siehst aus, als ob Du in den Krieg ziehen würdest. Bitte kläre mich auf!“

 

Ich erzählte Kematu die ganze Geschichte seit der Flucht von Skaven, von der Gefangenschaft, einer fast Hinrichtung und die Begegnung mit den Drachen. Er hörte mir aufmerksam zu. Weiterhin erzählte ich Ihm, warum ich jetzt nach Weißlauf musste. Als ich mit den ganzen Vorkommnissen fertig war merkte ich, wie er lange überlegte. Dann drehte er sich um und pfiff zweimal in den Wald hinein.

Da sah ich, das er nicht allein gekommen war. Zwei seiner treuesten Begleiter kamen aus den Büschen heraus. Kematu sprach mit dem etwas untersetzten Mann.

„Kensai, höre mir jetzt ganz genau zu! Ich übergebe Dir hiermit das Kommando! Meine Aufgabe ist hiermit erfüllt. Bring Saadia und unsere Truppe sicher zurück nach Sentinel.“

„Ähm, kommt Ihr nicht mit Kommandant?“

„Nein! ich quittiere hiermit den Dienst! Diese Frau braucht dringend meine Hilfe! Familienangelegenheiten! Also bitte keine weitere Fragen! Ich bin froh, Samara endlich gefunden zu haben und mit Sicherheit lasse ich sie jetzt nicht allein.“

„Moment mal! Dazu habe ich mit Sicherheit auch ein Wörtchen mitzureden. Was soll das jetzt Kematu? ich kann gut und gerne auf mich selbst aufpassen?“

Er schaute mir nach meiner Erwiderung fest in die Augen. Dieser Blick sagte mehr als Worte. Ich kannte Ihn zu gut. Wenn er sich erst einmal etwas in den Kopf setzte, führte er es auch durch. Egal, wohin es ihn führen würde. Und man konnte ihn davon nicht mehr abbringen. Geschweige denn ausreden!

„Aber, werter Herr, seit Ihr Euch dessen sicher ?“

„Keine Diskussion mehr! Ich bin mir so sicher wie noch nie. Macht Euch sofort auf den Rückweg und schicke unseren besten Reiter nach Anvil. Dieser soll Rhano, dem Ausbilder in der Krieger-Gilde ausrichten, das ich seine Tochter gefunden habe und sie wohlauf ist. Er soll sich sicher sein, das ich Samara ab sofort begleiten und beschützen werde. Ich bringe sie dann wieder Wohlbehalten nach Hause!“

Mögen Euch die Neun Götter gnädig sein und Euch auf den Weg begleiten. Lebt wohl! Es war mir eine Ehre, Euer Kommandant gewesen zu sein.“

„Es war uns eine Ehre, unter Euch gedient zu haben, Kommandant! Wir werden Euch nie vergessen!“ Das sagten beide Assassinen fast gemeinsam.

Kensai sagte noch: „Ich verspreche hiermit, die Truppe genauso zu führen, wie ihr es getan habt! Bei meiner Ehre!“ Kematu nickte nur noch. Mehr war nicht mehr zu sagen. Beide verbeugten sich vor Kematu und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.

 

Ich wandte mich Kematu zu und sagte etwas barsch: „Das musst Du aber nicht tun! Ich komme auch allein zurecht, das weißt Du!“

„Keine Widerrede mehr! Du wirst mir noch dankbar sein, das ich mich dazu entschlossen habe. So wie die Sachlage ist, wirst Du jede Hilfe gebrauchen können!“

„Männer und dessen Dickschädel! Nur die Neun Götter wissen, was man dagegen tun kann, ich kann es jedenfalls nicht. Aber andererseits bin ich auch froh, das Du hier bist. Auf Dich kann ich mich ohne Bedenken verlassen. Aber was ist mit Deiner Familie, warten sie nicht auch auf Dich?“

„Ich habe noch keine eigene Familie gegründet, also wartet keiner auf mich. Und Du weißt meine Eltern leben schon lange nicht mehr. Damit dürfte wohl dieser Punkt geklärt sein!“

Nun wurde mir endgültig klar, das man Kematu von seinem Vorhaben mich zu begleiten, wahrlich nicht mehr abbringen konnte. Aber Keiner, den ich kannte, würde auf so einen erfahrenen Krieger verzichten wollen. das stand fest.

 

Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt. Zu emotional war diese Begegnung. Kematu baute ein kleines Lager auf. Der Platz, unweit auf einer Lichtung und nahe am Wasserfall, war bedacht gewählt. Ich hatte riesigen Hunger und bereitete Pökelfleisch mit etwas Gemüse und Kräuter zu. Schweigend nahmen wir beide das Essen zu uns. Kematu holte eine Flasche Met aus seiner Satteltasche. Wir tranken und sprachen über vergangene Zeiten. Der Mond war langsam unbemerkt aufgegangen und munter prasselt das kleine Lagerfeuer vor sich hin. Der gleichmäßige fallen des Wassers machte mich müde. Ich wickelte mich in meinen Schlafpelz und schlief sofort ein.

Wieder erscheinen mir die selben Träume der letzten Nacht. Diesmal nicht mehr so verschwommen, wie der erste Traum. Leicht erkennbare Fetzen von Bildern vermehren sich, bis ein riesiger Drachenkopf mir entgegen schoss. Schreiend wachte ich auf. Kematu saß neben mir und versuchte mich zu beruhigen. Ich zitterte wie Espenlaub. Er fragte mich, was los sei, aber ich hatte keine Erinnerungen mehr an den Traum. Nur der Drachenkopf war noch sichtbar vor meinen Augen. Ich schüttelte den Kopf, um das Trugbild weg zu wischen. Ich sagte zu Kematu:

"Ich weiß wirklich noch nicht, was das Alles zu bedeuten hat. Es ist ein schrecklicher Alptraum, auf den wir zu steuern, dessen bin ich mir nun sicher!"

"Na gut! Versuchen wir eben, das Beste daraus zu machen, schlechter kann es ja nicht werden!"

"Du und Deine Leichtigkeit des Daseins. Das wird kein Spaziergang zum Teufel nochmal!"

Also machten wir uns nun gemeinsam auf den Weg nach Weißlauf, war ja auch nicht mehr weit. Irgendwie spürte ich etwas Erleichterung in meinem Herzen, das mich auf meinen vorbestimmten Weg, ein guter Freund begleiten würde. Andererseits habe ich auch Zweifel, ob das wirklich eine gute Idee war. Ungewissheit ist zur Zeit mehr die Position, als real zu glauben, das ich wusste, was ich hier tue.

Als die Sonne über die Bergkette kam und den Himmel bestrahlte, war der Morgen fast vorüber, als wir uns den Toren von Weißlauf näherten. Ich hatte kein gutes Gefühl, war gewillt einfach umzukehren. Aber eine unsichtbare Kraft zog mich näher an Weißlauf heran. Wir erreichten die Stallungen.

 

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