In Drachenblut geschmiedet


Kapitel 22 - An einem fremden Ort - III -

...

„REK DREY MIRAAD MONAHVEN SILV! Sie hat den Weg zum "Hals der Welt" gefunden!“

„AAL FIN MAAR DAHMAAN DAAL! Möge der Terror der Erinnerungen zurückkehren!“

„Meine Brüder! Bereitet die Prüfung der Seelen vor!“

„Ihr Geist ist bereit! Nun muss auch die Seele befreit werden!“

„Sie muss sich noch einmal ihren Ängsten stellen und diese vernichten!“

„Aber Bruder! Sie ist nicht allein!“

„Dann muss er sich auch diesem Schicksal stellen! Die gleiche Prüfung! Ein Beweis, das er der richtige Begleiter ist!“

„ FUL FENT NII OK! So soll es sein!“


Kapitel 23 - Näher kann man dem Himmel nicht sein -


 

Ivarstatt, am Gebirgsfuß des „Halses der Welt“ liegend, nur durch einen Fluss getrennte Ansiedlung, erwachte im Morgengrauen. Für jeden, der sich auf den Pilgerpfad nach Hoch Hrothgar machte, war dieses Dorf die letzte Möglichkeit, seine verbrauchten Vorräte aufzufüllen.

Kematu und Samara nutzten deswegen auch diese Möglichkeit um sich, für den bevorstehenden Aufstieg vorzubereiten. Für beide war es keine Pilgerwanderung. Besonders im Drachenblut stieg ein ungutes Gefühl hoch.

„Ich war ja schon zwischen Hammerfell und Himmelsrand über die Gebirgsgrenze gestiegen. Kein Zuckerschlecken! Aber dieser Berg macht mir Angst! Ich will nicht wissen, was uns bei diesem Aufstieg erwartet!“ sie blickte mit ungewissem Gesichtsausdruck, zur nicht sichtbaren Spitze des kolossalen Gebirgsgipfels hoch.

„Aber Du wirst es erfahren müssen! Weil Du und somit auch ich da hoch müssen! Ob Du willst oder nicht! Da oben ist das Ziel deines Schicksals! Deine nächste Prüfung!“ mit bestimmender Geste zeigte seine rechter Hand in die Richtung des Berges.

„Auch mir geht es nicht Anders, als Dir! Aber Du musst ja da nicht allein hoch. Ich bin bei Dir! Egal was passieren wird!“ seine unerschrockene Aussprache, gaben Samara Mut und Zuversicht.

„Na dann los! Aber wir sollten die Pferde hierlassen! Über die Stufen mit uns im Sattel zu klettern, wäre für sie eine Tortur! Das möchte ich den beiden nicht antun!" gab Samara ihre Bedenken kund.

„Du hast recht! Lassen Wir sie hier! Verflucht und ich hasse Bergsteigen! Habe ich Dir das schon einmal gesagt? kichernd begann er damit, die Satteltaschen von seinem Pferd herunterzuholen.

„Bisschen Bewegung ohne fremde Hilfe, ist mal eine Abwechslung! Sonst rostest Du mir noch ein!“ antwortete Samara spöttisch auf sein Widerwillen und machte es ihm nach. Auch sie befreite Frost von den Taschen und dem Sattel.

„Dort drüben ist ein Handelskontor. Wir brauchen noch einige Vorräte! Der Ritt hierher war lang!"

 

Während Kematu sich in das Kontor begab, um die notwendigen Besorgungen zu tätigen, brachte die Frau ihre Pferde zu einem nahe gelegenen Hof. Sie hoffte, dass der Inhaber so freundlich war und sich um die Rösser kümmern würde, solange sie unterwegs waren. Das Drachenblut wünschte sich, das eine Rückkehr auch möglich sei.

Ein Mann kam aus seinem Haus und ging seinen Beschäftigungen nach.

„Einen guten Morgen!“ den Gruß dem alten Mann zurufend, betrat die Kriegerin den Hof. Leicht erschrocken drehte sich der Gegrüßte um, ging ihr entgegen und in der Mitte des Hofplatzes blieben beide stehen.

„Gleichfalls! Mein Name ist Klimmek und dies ist mein Hof ! Ihr seit fremd hier, oder?“ stellte sich der Mann vor und musterte dabei die Frau.

„Ich bin Samara Rhano! Und ja, ich bin fremd hier! Wir, mein Begleiter, der gerade Vorräte besorgt und ich wollen zum Kloster Hoch Hrothgar hinauf! Wir wollen aber unsere Pferde nicht mitnehmen und deshalb suche ich jemanden, bei dem wir sie lassen könnten! Bis wir wieder zurück kommen sollten, hoffe ich zumindest!“ erklärte Samara den Grund ihres Hierseins und Anliegens.

„Hm! Ich sehe Angst und Ungewissheit in Euren Augen!“ Klimmek erkannte, das der Frau bei ihrem Vorhaben nicht Wohl zu Mute war.

„Jaaa! Der Aufstieg ist nicht so einfach, wie er zu scheinen mag! Und verbirgt mysteriöse Gefahren! Man wird mystische und unglaubliche Ereignisse erleben! Wenn der Geist und die Seele des Emporsteigenden sich nicht davon befreien kann, ist es unmöglich bis zum Kloster zu kommen! Wenn nicht sogar tödlich! Viele vor Euch sind unverrichteter Dinge wieder zurückgekehrt! Manche verwirrt! Manche nie! Nur ein entschlossener und freier Geist kann die 7000 Stufen erklimmen und das Kloster erreichen! Habt ihr und Euer Begleiter einen entschlossenen und freien Geist?“ der alte Mann beobachtete, wie im Gesicht der jungen Frau, das eben Erklärte sich abspiegelte.

„Ich weiß es nicht! Auch bin ich mir nicht sicher, was uns auf diesen ungewissen Weg erwartet! Oder ob wir es überhaupt schaffen werden, bis zum Kloster zu kommen!“ gab Samara offen zu.

„Ein nachdenkender und zweifelnder Geist ist schon mal die erste Voraussetzung! Dieser Aufstieg ist Nichts für unbekümmerte und sorglos daher gehende Wanderer! Wer diesen Weg beschreitet, muss auf das Urplötzliche, Unerwartete, Unglaubliche gefasst sein!

Sonst,...verliert man seinen Geist! Ich bin schon mein ganzes Leben lang hoch und runter gekommen! Weil es mir gelungen ist, meinen Geist und meine Seele frei zu machen! Mich den Ereignissen der Vergangenheit gestellt hatte, die auf meinem Geist und meiner Seele lasteten. Seid Ihr bereit, Euch Eurem Schicksal zu stellen?“

Samara schaute verlegen auf den Boden. Doch kurz danach, trafen sich die Augen der beiden Menschen. Klimmek sah in ein festes und entschlossenes Gesicht, während die Frau mit ausdrucksstarker Stimme antwortet: „Ob ich bereit bin? Keine Ahnung! Ob ich es will? Es ist keine Frage des Wollens, sondern der Notwenigkeit! Ob ich bereit dafür bin, mich meinem Schicksal zu stellen? Nur da oben kann ich ein Teil dieser Antwort bekommen! Ja ich will, nein ich muss diesen Pfad beschreiten! Ich habe keine andere Wahl!“ mit diesem selbst durchgeführten Frage-Antwort-Spiel Samara`s erkannte der alte Klimmek zustimmend nickend, das Nichts vom Vorhaben der Frau abbringen konnte.

„Also gut! Ihr seid auf den richtigen Weg bevor ihr überhaupt, die erste Stufe in Angriff genommen habt! Natürlich könnt Ihr Eure Pferde bei mir lassen! Aber als Gegenleistung müsst Ihr etwas für mich tun! Nichts Weltbewegendes!“

 

„Sicher! Was immer Ihr möchtet!“ Samara war sofort einverstanden, ohne zu wissen, was sie eigentlich tun sollte.

„Was immer ich möchte? Meine Kind! Selbst die Götter könnten das nicht! Nein soweit müsst Ihr nicht gehen! Ihr sollt nur die bestellten Vorräte vor das Kloster bringen! Der letzte Abstieg tat meinen alten Knochen gar nicht gut! Mein Vater, Talos sei seiner Seele gnädig, hatte mir dies alles hier vererbt. Somit hatte ich auch die Belieferung des Klosters übernommen. Mein Sohn unterstützte mich oft dabei. Nur der Krieg zwang ihn in den Militärdienst. Für mich selbst ist es nicht mehr so leicht, jede zweite Woche da hoch zu steigen, damit die Graubärte versorgt sind!“

„Warum kommen diese Brüder nicht selber runter? Samara konnte sich vorstellen, wie schwer es für dem alten Mann sein musste, diesen beschwerlichen Botendienst stets zu unternehmen.

„Liegt daran, das Sie sich von der Außenwelt, abgeschottet haben! Selbst die Pilgernden haben sie nie zu Gesicht bekommen. Der Pfad des Pilgers endet an der großen Statue vor dem Kloster. Der Orden will nicht als Messias betrachtet, befragt oder verhimmelt werden! Deshalb bekommen nur Auserwählte den Zutritt in ihr Heiligtum. Dieser kleine Orden hat selbst keine Gehilfen oder Bedienstete. Man müsste Ihnen ständigen Zutritt gewähren, nur das wollen die Graubärte nicht! Da mein Vater und sein Vater schon ewig diesen Dienst erledigten, habe ich es somit übernommen. Aber auch ich komme nicht in das Kloster!

In einer verschlossene Truhe bei der Statue unterhalb der Treppe, dort verstaue ich dann immer das Bestellte. Darin liegt dann auch die reichliche Bezahlung. Meist weit mehr, als ich dafür bezahlt habe!“ diese Erklärung Klimmeks verwunderte Samara ein wenig.

„Natürlich mache ich es, liegt ja somit auf dem Weg! Aber! Woher kommt Euer Vertrauen? Ihr kennt mich doch gar nicht? Woher könnt Ihr den so sicher sein, das ich mit Eurer Bezahlung zurückkomme?

Hm! In Ordnung! Ich mache es, aber nur unter einer Bedingung! Ihr sagt mir, was Ihr dafür bezahlt habt! Ihr bekommt im Gegenzug das Doppelte. Dazu noch eine reichliche Bezahlung im Voraus, für die Versorgung unserer Pferde!“ Klimmek war überrascht, ob der Großzügigkeit und der vorher ausgesprochenen berechtigen Einwände in Bezug ihrer Person.

„Ich merke schon! Ihr seid nicht nur klug und hübsch. Auch habt Ihr einen gewissen Geschäftssinn. Aber mehr sind Eure Worte von Weisheit und Voraussicht geprägt! Eure Einwände sind berechtigt! Ich weiß es nicht! Aber wer Antworten sucht und sich auf diesen Pfad begibt, hat mit Sicherheit anderes vor, als zu plündern, zu betrügen oder zu stehlen!“

Einverstanden mit Samara`s Vorschlag, nannte er den Preis seiner Einkäufe. Samara holte einen Beutel voller Septime aus der Satteltasche und gab ihn dem alten Mann.

Gerührt schaute Klimmek die Frau an. „Das ist doch viel zu viel! Das kann ich nicht annehmen!“...Bevor er aber das prall gefüllten Säckchen zurückgeben konnte, legte Samara beide Hände auf die Hand des Mannes und drückte sie sanft an seine Brust. „Keine Widerrede! Ich möchte es so!“

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Vielen Dank, werte Kriegerin! Hier habt Ihr den Schlüssel zur Truhe! Weiterhin gebe ich Euch mein Packpony mit. Auf ihm könnt Ihr auch Euer Zeug verstauen! Keine Angst! Der Kleine ist das Treppensteigen gewohnt! Ein wahrlich unbezahlbarer Helfer! Moment ich hole „Schecki“!“ so schnell wie es seine Beine erlaubten, verschwand er in seinem Stall.


Kurze Zeit später, kam er mit einem schwarzweiß befleckten Pony zurück. „Schecki“! Der Name passt zu ihm!“ stellt Samara lächelnd, aber auch etwas bedenklich fest. „Mit Ihm klettern Sie immer hoch und runter?“

Klimmek nahm ihr aber sofort ihre Bedenken. „Lassen Sie sich, junge Frau, nicht von seiner geringen Größe täuschen! In ihm steckt mehr Kraft, als es der Anschein hat! Er ist ideal dafür geschaffen, diesen Aufstieg und wieder zurück zu meistern! Er ist seid Jahren ein liebgewonnener Begleiter! Bitte! Bringt ihn mir heil wieder zurück! Ja?“

„Ihr seit Euch sehr sicher, das Ihr annehmen könnt, das Ich wiederkehre!“ leise sprach Samara diesen Satz aus, während sie das Pony streichelt. Sie blickte dabei zu Klimmek.

„Ihr werdet zurückkehren! Drachenblut! Der Aufstieg ist nur der Anfang vieler Prüfungen, die Ihr zu bewältigen und zu meistern habt! Und müsst!“

„Woher könnt ihr wissen, dass ich das Drachenblut bin?“ Samara war vollkommen überrascht.

Wissend widerstand der alte Mann, den prüfenden Blicken der jungen Kriegerin. Der alte Mann war kein Hellseher. Aber seine lange Lebenserfahrung und seine Verbindung zum Pfad, erlaubte es ihn einen unbekannten Menschen, wie Samara richtig einzuschätzen und das zu erkennen, was sie wirklich war.

„Das Tattoo ist mir bekannt und deshalb könnt Ihr nur das Drachenblut sein. Und deshalb bin ich mir sicher, das Ihr zurückkommen werdet! Das wird nicht Euer erster und letzter Aufstieg nach Hoch Hrothgar sein! Nun geht! Eurer Freund wartet schon ganz ungeduldig!“

Samara kam nicht dazu, die zuletzt gesagten Worte richtig einzuordnen. Etwas verwirrt, wendete sie ihren Kopf zu Kematu, der sich den beiden nun näherte.

„Hallo werter Mann!...begrüßte er Klimmek freundlich. Dessen Gruß der alte Mann freundlich erwiderte. „Ihr seid also der besagte Begleiter, der auch hoch hinaus will oder muss!“

„Sie haben recht! Ich bin der Begleiter dieser Frau! Und wenn Sie da hoch muss, gehe ich somit mit!“ ohne weiter darauf einzugehen, wandte sich Kematu seiner Freundin zu.

„Wie ich sehe, hast Du das Problem gelöst und die Pferde sind bei unserer Abwesenheit unter Dach und Fach?“

„Unsere schon! Aber wir haben hier, „Schecki“ als neuen Begleiter! Und eine kleine Gefälligkeit, da wir eh da hoch müssen. Er wird unsere Last tragen und es wurde mir versichert, das er keine Belastung für uns sein wird! Im Gegenteil! Er wäre ideal dafür geeignet!“ Klimmek nickte zustimmend, während ihr Freund ungläubig zwischen dem Pony und den zuvor geeinigten Geschäftspartnern hin und her blickte.

„Na wenn ihr es sagst, wird es schon seine Richtigkeit haben!“ gelassen fing Kematu an, die eben gekauften Vorräte auf dem kleinen Pony zu verstauen und festzumachen.

In dieser Zeit, verabschiedet sich Samara, von Klimmek. „Ich bin immer noch sehr verwirrt von allem, was Ihr mir vorhin gesagt habt! Von Eurer bestimmten Sicherheit, meiner Rückkehr betreffend, ohne mich zu kennen! Aber auch Euer Wissen, warum ich zum Kloster muss! Euer Vertrauen ob Eures Anliegens der Überbringung! Aber ich werde, Euren Glauben und Eurer Vertrauen nicht enttäuschen! Denn Ihr gabt mir die Hoffnung und Zuversicht einer Rückkehr!“

„Nicht doch, mein Kind! Ich weiß, das es Eurer Schicksal ist! Nicht nur wegen Eures, mir bekannten Mals im Gesicht ! Ich weiß auch, das Ihr dabei nicht scheitern dürft! Sonst ist alles vorbei! Deshalb werdet Ihr, nein müsst Ihr auch zurückkehren! Euer Schicksal endet nicht „am Hals der Welt“! Dessen könnt Ihr gewiss sein!“ mit diesen Worten verabschiedete sich der alte Mann von Samara und Kematu. Er ging in sein Haus zurück.


Lange schaute das Drachenblut nachdenklich auf die Tür, in die Klimmek verschwunden war. Erst als Ihr Kematu seine Hand auf ihre Schulter legte, wachte sie aus ihrer Starre auf.

„Ich bin soweit wir können los!“ Kematu hatte alles verstaut und festgemacht. Selbst das Zeltlager war verpackt. „Schecki“ hatte nun einen kleinen Berg, voller Ausrüstungen und Vorräte auf seinem Rücken. Aber es schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Gelassen stand das kleine Pferd da, in voller Erwartung des Aufbruchs, als ob es wüsste, wohin es ging.

„Ja brechen wir auf, es wird auch Zeit!“ während Samara nun Kematu folgte, der das Pony an den Zügeln führend, schon vorgegangen war, schaute sie immer wieder zum Hof zurück. Sie überquerten die Brücke vor Ivarstatt. Schon waren die ersten Stufen zu sehen. Nun begann der Aufstieg. Nach den ersten Stufen, dem anschließenden Weg folgend, passiert es.


Die Umgebung verschwand in einem dichten Nebelfeld. Nichts war mehr zu erkennen. Ein unheimliches, nicht sehr helles Licht hüllte beide ein. Kematu schaute ungläubig auf seine Hand, die eben noch die Zügel von Lasttier hielt. „Schecki“ war nirgends zu sehen, als ob es in Luft aufgelöst hätte. „Was zur Hölle passiert hier?“

Bevor der Mann ihre Frage beantworten konnte, stürmte ein nur zu bekannter Todesfürst, mit einer riesigen Streitaxt aus der Nebelwand, direkt auf Kematu zu. „Nicht Der schon wieder!“ während er das warnend rufend von sich gab, zog er das Schwert und das Schild vom Rücken und ging in Verteidigungsposition. Auch das Drachenblut zog ihre Waffen. Der Widergänger stürzte sich ungestüm auf den Krieger, während seine geschwungene Axt krachend, auf das Schild des Verteidigers einschlug. Die Wucht des Zusammenpralls von Metalls, ließen unzählig kleine Funken auseinander sprühen. Der Aufprall ließ den Mann straucheln und in die Knie gehen. Schützend, das große eherne Schild vor sich haltend, verdeckte dieser seinen kauender Körper. In Erwartung des nächsten Schlages.

Da dieses, in einer alten Nordrüstung gesteckte Skelett, aber nur auf Kematu fixiert war, konnte Samara ohne Weiteres und unbemerkt, in den Zweikampf eingreifen. Noch bevor der Todesfürst den nächsten Axthieb ausführen konnte, fing sein Blickfeld an, wild um sich zu drehen. Ein präzise geführter Streich des einen „Drachentöters“, trennte den Schädel vom Körper. Der mit einem gehörnten Vollhelm bestückte Totenkopf, flog auf das Schild des Kriegers. Und von ihm abgelenkt, verschwand der Schädel rollend im Nebel. Auch der Rest des Skeletts hatte sich in Luft aufgelöst. Noch bevor beide kopfschüttelnd, nicht verstehend was hier abgegangen war, erschien der Geist von Arvel.

„Ich...ich wollte doch... nur reich sein!“

Nach diesen Worten war er genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war. Auch der Nebel löste sich wieder auf. Beide schauten entgeistert um sich. „Schecki“, stand unweit von ihnen und fraß genüsslich an den Grasbüscheln herum. Das Pony war wohl das einzige Lebewesen, was nicht beeindruckt von dem eben hier Geschehene zu sein schien.

Samara war die Erste, die wieder ihre Fassung zurück gewann. „Was war denn das!“

„Der Todesfürst? Dieser Widergänger? Das war das selbe Monster, was mich nach Deiner Ohnmacht im Hügelgrab angegriffen hatte! Und welches ich schon besiegt glaubte!“ Auch Kematu fiel es schwer, sich zu beruhigen.

„Ich kämpfe lieber gegen Banditen, Mörder oder Soldaten, als gegen Draugr. Die bleiben wenigsten tot, wenn man gezwungen ist, sie umzubringen. Aber diese verdammten Untoten wissen einfach nicht, wo ihr Platz in der Unterwelt ist. Das kann ja heiter werden, bis wir am Kloster angekommen sind! Ich will nicht wissen, was oder wer uns noch über den Weg laufen könnte!“

„Denke, das war nur ein Vorgeschmack dessen, was uns noch bevorsteht! Das meinte also Klimmek mit unglaublichen Ereignissen! Sich von Geist und Seele befreien! Sich seinen größten Ängsten stellen!“ wieder schaute Samara in die Richtung, wo man noch die Dächer von Ivarstatt sehen konnte.

„Das wird ein Spießrutenlauf und kein „normaler“ Aufstieg!“ Kematu sprach dies laut aus und nahm wieder des Pony`s Zügel.

Wer nun glaubte, einer wie ihr Freund würde jetzt einfach umdrehen und zurückkehren, der hat sich in diesem hartgesottenen Krieger aber arg getäuscht. Mit festen Schritten ging er an Samara vorbei und setzte den Aufstieg fort. Samara folgte wortlos und mit sorgenvoller Mimik.

In der darauf folgende Stunde passierten erst einmal keine weitere unglaubliche Erscheinung. Außer eines wütenden Braunbären, mussten sich beide Krieger keinem plötzlichen Auftauchens eines misslaunigen Geistes erwehren. Das Grün des Waldes vermischte sich mit dem weißem Belag von vereistem Schnees. Auch die Temperaturen sanken schlagartig. Die Aufsteigenden hatten die Grenze zwischen ewigen Schnee und Sommer erreicht. Sie machen eine kurze Pause. Nutzten diese Zeit, ihre wärmenden Pelzumhänge anzulegen. Auch nahmen beide, sich für den weiteren Aufstieg stärkend, etwas Essbares und einen kräftigen Trank zu sich. Während sie weiter gingen, sahen beide in der Ferne eine kleine Statue, die hinter einem Altar hervorragte Aber eine weitere, plötzliche Veränderung des Umfeldes, hinderte beide Freunde am Weitergehen.


Diesmal war es kein Nebel. Sie standen vor einem brennenden, großen Gebäude mitten auf einem Platz, welcher den beiden Menschen sehr bekannt war. Sie drehten sich herum und schauten auf das brennende...Skaven.

Samara glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Kematu war ebenfalls fassungslos. Es sah genauso aus wie damals. Wie an dem Tag der Zerstörung von ihrer Heimatstadt. Die selbe Stunde, als die Orks angriffen. Beide waren aber nicht mehr so unvorbereitet, als bei dem ersten Ereignis. Gefasst warteten sie nun darauf, was als Nächstes passiert sollte. Samara rechnete mit den Auftauchen der Horde.

„Das wird nun hässlich!“ Kematu bekräftigte Kopf nickend ihre Vorahnung. Und so geschah es!

Durch die riesige Feuerwand stürmten die Orkkrieger auf den Platz und blieben vor den beiden kampfbereiten Freunde einfach stehen. Aus deren Mitte trat Chorbash, genannt auch als „Die eiserne Hand“ hervor. Aus seinen Wunden, dem Armstumpf der abgeschlagenen rechten Hand und des tiefen Einschnittes in seiner linken Brustseite, strömte das Blut heraus. Fluchend und mit einer Kriegsaxt in der linken Hand fuchtelnd, kam er zwei Meter vor Samara entfernt zum stehen.

„So sehen wir uns wieder, verfluchte Hure! Dir und Deiner verdammten Schlampe,die mir das hier angetan hatte, wünsche ich die Pest an den Hals! Verrecken sollt ihr alle!“

Das Blut aus dem rechten Armstumpf, schoss über Samara`s Gesicht.

„Vor allem Du, Miststück! Wegen Dir ist meine Seele im Nichts gefangen! Lieber hättest Du mich den Wölfen zum Fraß vorwerfen sollen! Soll alles Böse dieser Welt auf Dich fallen und unter Dich begraben! Hier ist Dein endgültiges Ende!“ Nach diesen Worten ging ein Ruck durch die gesamte Horde. Mit einem Kriegsschrei Chorbash`s, das wie ein Signal zum Angriff erklang, stürmten alle Krieger der Orks mit gezogenen Waffen auf die zwei Freunde zu. Den unvermeidlichen Todeskampf gefasst erwartend, nahmen sie ihre Verteidigungsstellung ein. Doch keine Axt, kein Pfeil, kein Schwerthieb oder Speerstoß verletzte die verdutzt dreinschauenden Verteidiger.

Die Horde war einfach durch sie hindurch gerast, als ob sie Luft wären. Umdrehend schauend sahen sich noch den Rest der Horde, in das hinter ihr brennende Gebäude verschwinden.

Nur Chorbash blickte sich zu ihnen um und mit einer verächtlichen Geste des Hasses und unbändiger Wut ging er in Flammen auf. Mit seinem Auflösen, verging auch das Trugbild.

Kematu klopfte sich am ganzen Körper ab. Alles war noch dran. Keine Wunde, nicht der kleinste Riss, nichts. Auch das Blut in Samara´s Gesicht war weg.

Dem Krieger wurden die Knie weich. Er setzte sich einfach in den Schnee. Der Mann nahm beide Hände voll des kalten Elements und ließ sein Gesicht darin verschwinden. Die Kälte holte alle Lebensgeister wieder zurück. „Bei allen Neun Göttern! Ich dachte, jetzt ist es vorbei!“ Schwer nach Luft ringend, kam er mit diesen Worten Samara´s Erklärung zuvor.


„Wir sollten damit den unvermeidlichen Tod ins Auge sehen! Die Angst und Furcht davor mehr als nur hautnah spüren! Bei der ersten Erscheinung wurde Dir noch einmal, Deine ungewollte Unvorsichtigkeit gezeigt. Als Du vor lauter Sorge um mich, die Umgebung vergessen hattest, als das Skelett Dich angriff !“ Samara steckte ihre immer noch gezogenen Schwerter weg. „Jetzt ist es mir vollkommen egal, wer oder was sich uns noch in den Weg sollte. Schlimmer kann es, nicht mehr werden! Du musst mich ab jetzt nicht weiter begleiten! Das würde ich vollkommen verstehen und ich würde Dir auch nie böse sein! Es war von Anfang an eine dumme Idee, das Du mich unbedingt begleiten wolltest Ich will Dir das nicht mehr Zumuten! Es ist...MEIN...Schicksal!...Nicht DEINS!

Samara wollte einfach ihren Freund sitzen lassen. Sie nahm die Zügel des Ponys auf und war gewillt, nein sie ging einfach weiter. Aber sie kam keine drei Schritte weiter. Kematu riss sie einfach am Arm herum.

„Bitte! Lass mich niemals mehr so zurück! Als wäre ich eine ungewollte Belastung für Dich! Ja, ich habe mich gegen Deinen Willen entschieden! Ja, ich will und werde Dich weiter begleiten, egal wohin es mich führen mag! Ja, mir ist vollkommen bewusst, das es ein schwerer und gefährlicher Pfad des Schicksals ist, denn Du beschreiten musst! Aber, ich werde nicht von Deiner Seite weichen, egal was auch passieren mag! Dafür liebe ich Dich zu sehr! Als das ich es zulassen würde, das Du ohne Hilfe und Beistand diese schwere Bürde allein zutragen hast!“

Er zog die überraschend dreinschauende Samara sanft an sich. Nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste sie. Leicht bebend, warf sie ihre Arme um seinen Hals und ohne Widerstand erwiderte sie seinen Kuss. Doch plötzlich stieß sich die junge Frau von ihm ab und drehte sich um. „Ich kann nicht!...“

Kematu kam ihr näher und drehte sie zärtlich und sanft an der Schulter wieder herum.

„Keine Angst! Ich weiß, wie Dir zu Mute ist! Die Wunden, wegen des Verlustes Deiner Familie, sitzen sehr tief in Deiner Seele! Dein Herz ist immer noch zu sehr an Yasudo und Deinen Kindern gebunden! Das Du zu einer neuen Bindung nicht bereit bist einzugehen, ist doch nur verständlich! Entschuldige bitte ob meinem Gefühlsausbruch, aber ich konnte nicht mehr anders! Ich wollte Dir nur zeigen, wie Ernst es mir ist! Das ich Dich nie mehr einfach so gehen lasse! Dafür bist Du mir zu wichtig!“

„Vielen Dank! Das schätze ich so an Dir! Du lässt nie einen Freund im Stich, egal was passiert könnte! Lass mir bitte Zeit! Gib mir bitte die Zeit selbst zu ergründen, wann ich zu einer neuen Bindung bereit bin! Bitte! Mehr kann und verlange ich nicht!“ die junge Frau drückte sanft, schüchtern lächelnd, seine auf ihrer Schulter liegende Hand.

„Natürlich! Du hast alle Zeit der Welt! Ich würde Dich nie zu Etwas drängen, das liegt mir fremd!“

„Das weiß ich! Aber genug geplaudert! Wir müssen weiter! Sonst stehen wir Morgen noch hier!“ Kematu nahm Schild und Waffe wieder auf und folgte seiner Freundin, die nun „Schecki“ am Zügel führte.


Dieses kleine Etwas von einem Pferd, war unglaublich. Ohne Probleme ob der schwer zu tragenden Last und deren Schritten mithaltend, trabte es gelassen neben den beiden Gefährten einher. Bis zum Abend hatten Samara und Kematu Ruhe vor weiteren Erscheinungen. Außer einer kleinen Frostspinne, die am Pony versuchte ungeniert herum zu knabbern. Doch ein heftiger Ausschlag seiner Hinterhufe, die ihren Kopf schwer trafen, ließen die Spinne den Abhang herunterstürzen. Dabei spießte sie sich selbst an einem kleinen, abgebrochenen Baum auf. Als ob nichts gewesen wäre trottete das Pony kichernd wiehernd, an den beiden überrascht dreinblickenden Herrchen vorbei.

„Das hatte gesessen!“ mehr konnte der Krieger nicht von sich geben.

„Klimmek hat schon recht, dieses Pony ist ein treuer und nicht zu unterschätzender Begleiter!“ Samara verstand nun auch, warum der alte Mann dieses kleine Pferdchen wiedersehen möchte.

Noch bevor die Nacht einbrach, hatten sie das Zeltlager aufgeschlagen. Auch hatte Kematu das Lasttier von seinem Übergewicht befreit. Dankend stieß „Schecki“, sanft seine Nüstern an das Hinterteil des Mannes, während dieser die Lasten abstellte.

„Hey! Na Du bist mir ja Einer!“ Das Pony hob die Oberlippe und entblößte somit seine Zähne, als ob er lachen würde. Ebenfalls lachend, streichelte Kematu seinen Hals.

Damit zog Ruhe in das Lager ein. Ihr Schlaf wurde nicht gestört.


In den ersten Morgenstunden waren Samara und Kematu damit beschäftigt, das Zelt und alles andere Gepäck wieder zu verstauen und auf das Pony zu packen. Doch plötzlich ließen sie alles wieder fallen! Ein neues, geisterhaftes Trugbild tat sich auf. Tiefe Dunkelheit hüllte beide Gefährten ein. Eine dichte Felswand umschloss beide Freunde, wie ein Ring einer Arena. Kein Ausgang! keine Fluchtmöglichkeit!

Rotes, unheimliches Licht beleuchtete auf einmal den Kreis, deren Zentrum wie ein Strahler auf beide Krieger traf. Sie erkannten nun, woher dieses Licht kam. Ein überdimensionaler Totenkopf eines bekannten Eingang erschien vor ihnen. In der Mitte der blanken weißen Stirn die schwarze Hand. Das Zeichen der Dunklen Bruderschaft. Deren Umrisse war der Ursprung des blutroten Lichts. Dichte Nebelschaden traten aus dem dunklen Augenhöhlen hervor und füllten kniehoch den kreisförmigem Boden.

Wie aus dem Nichts erschien eine Frau mit Langdolchen in ihren Händen. Sie kam einfach durch den Schädel heraus. Es war niemand anderes als Astrid. „Na! Habt ihr mich etwa vermisst! Süße! Es war so rührend anzusehen, wie Du mich betrauert hattest, als ich auf den gebrochenen Rücken lag!...Aber unser kleiner Zweikampf ist noch nicht beendet!Wir führen ihn jetzt und hier weiter! Mal sehen, ob Du Miststück es noch einmal schaffst, mich zu besiegen!“

„Niemals! Du gehörst mir! Verdammtes Weibsbild !“ Kematu stellte sich mit gezogener Waffe und vorgehaltenem Schild, zwischen beide Frauen.

„Pfeife Dein Schoßhündchen oder was auch immer dieser Kerl darstellen soll zurück! Das ist nur eine Sache, die nur uns beide betrifft. Oder Dein Freund stirbt hier durch seine selbst ermordeten Mitglieder meiner ehemaligen Bruderschaft!“

Diese Drohung bekräftigend, tauchten neben Kematu die anderen Männer und Frauen des Clans, wie aus dem Nichts auf. Selbst das kleine Mädchen stand mit gezogenen Messer daneben. Arnbjorn und Nazir entwaffneten den sich wütend sträubenden Mann. Und führten ihn an den Rand der kreisförmigen Arena. Ein am Hals vorgehaltenes Schwert von Festus, ließ Kematu verstummen.

„So ist es brav!“ Astrid kam nun näher an Samara heran. Deinem Freund, wird nichts geschehen! Das verspreche ich Dir! Nun zeig es mir! Zeig mir noch Mal, was Du kannst!...Der erste Kampf war nicht schlecht und Du machtest dabei selbst in Deiner Nacktheit eine gute Figur! Aber das kannst Du sicherlich noch besser!“

Die selbe, überschätzte Selbstsicherheit ließ in Samara die selbe Kraft in sich wachsen, als sie damals in der Hütte um ihre Freiheit, um ihr Leben kämpfen musste.

„Hochmut, kommt vor dem Fall! Lass uns diese Angelegenheit, ein für alle Mal beenden!“ zischte ihr das Drachenblut ins Gesicht.

Wieder war es Samara, die als Erste die Initiative ergriff. Der Absprung aus dem Stand, das nach hinten Überschlagens, das Treffen des harten Stiefel am Kinn von Astrid, das abfedernde Landen, gingen geschmeidig und fließend in eine Bewegung über. Dieser Überraschungsangriff hob die Gegnerin regelrecht aus. Weit flog sie rückwärts dem harten Felsboden entgegen. Der harte Fall ließ aber die ehemalige Anführerin kalt. Mit Knochen richtender Gestik einer Schlange gleich, sprang sie wieder auf. Und stürmte auf Samara zu. Die Kriegerin immer noch, leicht kniend wartend, hielt ihr Schwert mit beiden Händen seitlich gerichtet, fest vor ihren Körper. Astrid erkannte zu spät die scharfe Klinge, die wie ein dünnes Band eines Spinnennetzes, im roten Licht der Arena funkelte. Eine schnelle kurze Seitwärtsbewegung, ließ die anstürmende Frau an ihr vorbei rasen. Ein paar Zentimeter der Schwertklinge fuhr durch Astrids linken Körperseite, etwas oberhalb ihrer Hüfte. Sie blieb hinter Samara plötzlich stehen. Langsam drehte sich Astrid um.

Sie blickte vollkommen erstaunt, auf die Hinteransicht Samara´s. Dann sah sie nur noch vor lauter Unglaube, nicht mehr reagierend, die Klinge auf ihre Brust zurasen.

Ohne Hinzusehen, aber genau wissend das Samara nicht verfehlen konnte, stieß das Schwert nach hinten weg und durchbohrte das Herz von Astrid. Als das Drachenblut, wieder ihren „Drachentöter“ zurückzog, war der Spuk auch vorbei.


Kematu, sich am Hals reibend, und Samara blickten sich um. Beide konnten es nicht fassen. Alles wirkte so real! Selbst die Spukgestalten hatten feste Körper. Das haben Beide am eigenen Leib gespürt und gefühlt.

„Den Göttern sei Dank! Wir sind fast da! Sieh selbst!“ ihr Freund war der Erste, der die hohen Mauern des Kloster auf der Spitze des Berges erblickte. Noch waren es aber ungefähr zwei Kilometer steilem Aufstiegs, bis sie endlich am Ziel wären. Auch Samara konnte nun auch, das mehr einer Festung gleichende Kloster sehen.

„Aber noch sind es ein paar Stunden bis dahin! Noch sind Wir nicht da! Noch kann viel passieren!“

Schnell beendeten sie das angefangene Zusammenpacken ihrer Sachen. Auch dauerte es nicht lange, als auf dem Pony wieder alles aufgeladen und festgezurrt war. Ohne sich lange aufhaltend, gingen Kematu und Samara mit eiligen Schritten weiter. Auch das Pony folgte ihnen, ohne das jemand seine Zügel halten musste. Es kannte eben den Weg.

In den fünf Stunden zuvor, war nichts passiert. Schneefall begleitete ihren letzten steilen Aufstieg. Außer, das ein Schneetroll Kematu zum Schneeball machen wollte, gab es keine anderen Vorkommnisse. Aber gegen zwei erfahrene Krieger war er nicht gewachsen. Ein gut gezielter Pfeil von Samara bohrte sich, in das obere Auge der drei Augen. Und ein gewaltiger Schildstoß, ließ die wilde Bestie die steile Felswand hinunter fallen. Diesen Sturz konnte es nicht überleben.


Beide wähnten sich nach diesen schweren Aufstieg, den ereignisreichen und unglaublichen Sinnestäuschungen fast am Ziel. Sie konnten schon die links und rechts hinaufführenden Treppen zum Kloster sehen.

Die Ansicht, des Klosters verschwand aber urplötzlich. Die noch sichtbaren Umrisse des hohen Gebäudekomplexes vermischten sich mit der weißgrauen Farbe Schnee gefüllter Wolken. Bis nur noch diese Wolken beide Freunde umgaben. Ein dunkler Punkt, immer größer werdend, wurde sichtbar. Bis ein riesiger Drache zu sehen war. Vorsichtig und majestätisch landete er unweit vor Samara und Kematu.

Es war...Mirmulnir ! Der Drache, dessen Blut in der Frau floss. Aber er kam nicht allein. Ein Mann und zwei kleine Kinder, nutzten seinen linken Flügel als Rampe zum Absteigen. Samara fiel in sich zusammen und blieb kniend sitzen. Vollkommen verwirrt und völlig aufgelöst, sah die nun weinende Kriegerin, die ihr so bekannten und geliebten Gesichter ihrer Familie. Sie streckte, als die beiden Kinder auf ihre Mutter zuliefen, ihre Arme aus. Als beide kleinen Wesen sie umarmen, schloss auch Samara ihre Arme um die Körper ihrer Kinder.

Das Drachenblut war sich vollkommen bewusst, das das hier nicht real sein konnte. Anzeichen dafür waren, das sie ihre Kinder nicht hören konnte. Auch wenn es so aussah, als ob sie mit ihr redeten. Nur Yasudo fing unnatürlich an, zu seiner Frau hörbar zu sprechen als er ihre Hände nahm.

„Steh auf, meine liebste Samara!“ Yasudo half seiner ehemaligen Frau hoch. „Wir haben wenig Zeit, auch wenn wir zu gern bei Dir bleiben würden! Aber Du weißt selbst, dass das unmöglich ist! Das einzig Reale hier ist der Tod, der uns begleitet! Der uns von Dir trennte!

Es gibt kein Zurück! So sehr Du es auch zu wünschen glaubst! Wir sind nur hier um Dir zu sagen, das Du Dich endlich von Deiner Trauer um uns befreien musst! Mach Deinen Geist und Deine Seele frei! Mit der Gewissheit, das wir immer bei Dir im Herzen sein werden! Egal wo Du auch sein magst. Egal mit wem Du nun weiterleben wirst! Befreie Dich, aus Deinem eigenem Gefängnis! Lebe Dein Leben! Kämpfe! Kämpfe gegen Dein auferlegtes Schicksal an! Ohne immer nur an uns zu denken! Finde eine neue Liebe. Sonst wirst Du, den eingeschlagenen Weg, nicht bewältigen können! Sonst verzerrst Du dich daran! Nur eine neue Liebe wird Dir die Kraft geben, gegen das Schicksal anzutreten!“

Samara, brachte nur ein „Aber...“ heraus.

„Kein aber! Kämpfe! Stelle Dich deinem Schicksal! Breche aus Deiner gefangenen Seele aus ! Halte uns nur stets in guter Erinnerung! Nachdem Yasudo diese Worte aussprach waren er und die Kinder verschwunden. Nur noch Mirmulnir schaute abwechselnd Samara und Kematu an. Sein Kopf, sein Blick blieb dann am Mann haften.

„Kematu! Bevor auch ich gehe, habe ich eine Offenbarung für Dich! Ich bin hier um Dich aus der Ungewissheit Deiner Herkunft zu befreien!...Deine Mutter hattest Du schon in deinem Armen! Es ist die Frau, die Deine Begleiterin, gepflegt hatte! Bitte! Gehe nicht zu hart mit ihr ins Gericht! Sie trägt schon zu lang dieses Leid mit sich herum! Deinen Vater wirst Du bald sehen! Dein kleiner Freund, wird ihn für dich finden!“ noch bevor Kematu eine Silbe aussprechen konnte, war auch der Drache plötzlich verschwunden.

Ein fragender Schrei erfüllte die Spitze des „Halses der Welt“. Das wieder erschienene Kloster reflektierte den Schrei des Mannes wie ein Echo. „Anise?...Anise?...Anise?“ Man war dem Himmel noch nie so nah!

 

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