In Drachenblut geschmiedet


Kapitel 10 - Das Mysterium des Todes -


 

Die Ausbilderin stürmte aus den Haupteingang ihrer Schule. Ein paar Schüler folgten ihr. Alle Anwesenden begriffen nicht, was hier vor sich ging. Sie sahen ihre Heimat lichterloh brennen. Qualm und beißender Rauch verhinderte zum Teil eine bessere Sicht. Tote und schwerverletzte Einwohner, die sich liegend im Straßenstaub vor Schmerz wälzten, bildeten ein grauenhaftes Bild. Sie erkannten eine Menge schwerbewaffneter Krieger, die sich schnell in ihre Richtung bewegten.

„Orks!“ Die Warnung kam wie ein Schrei aus Samara heraus. Nun hatte wohl der langwährende Krieg der Orkstämme, auch ihre Stadt erreicht. In ihrem Gesicht sah man Wut, Angst und Sorge.

Währenddessen stürmte Ansur wutentbrannt vor. Ein zwanzigjähriger Mann, welcher eben noch neben seiner Lehrerin stand. Samara versuchte ihn noch zurück zuhalten, aber ihre Hand griff nur in die tödliche Luft. Mit nur einem Holzschwert bewaffnet, rannte der unerfahrene Jüngling in Richtung der feindlichen Krieger. Doch bevor er die Mitte des Platzes erreichen konnte, wurde sein Ansturm abrupt gebremst. Getroffen von mehreren Pfeilen wurde er zurückgeworfen, als ob er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen wäre. Er war tot, bevor er hart auf den Rücken aufschlug.

Mit entsetzten Blicken verfolgten die überraschten Anwesenden das Sterben des jungen Mannes.

Während dessen kreisten Samara´s Gedanken sorgenvoll um ihre Familie. Die Ungewissheit, ob sie noch am Leben waren, machte ihr schwer zu schaffen. Sie musste sofort zu Ihnen, aber die Unmöglichkeit war harte Realität. Sie sah die berserkerartige Menge der Orks von den drei offenen Seiten, sich auf die Stadtmitte zu bewegend. Die Erkenntnis, das die Flucht nach vorn sinnlos schien, wurde allen Anwesenden schlagartig klar. Aber auch, das Alle um ihr Leben kämpfen mussten.

Die Ausbilderin drehte sich zu ihren Schülern um und wies sie an ihr zu folgen. Sie gingen zurück in die Haupthalle der Schule.

„Verbarrikadiert den Haupteingang!“ rief sie den jungen Männern zu. Auch die anderen Schüler, die sich noch im Hof oder im Haupthaus befanden, kamen in den Eingangsbereich gestürmt. Sie blickten dabei fragend auf ihre Lehrerin und halfen sofort mit, eine Verteidigung aufzubauen. Man versuchte dabei, das wenig Bewegliche, was sich in der Haupthalle befand, vor das Eingangtor zu stellen. Samara erkannte sofort, dass das nicht ausreichen würde.

...

Ihre Gedanken überstürzten sich. Noch nie in ihrem Leben, wurde sie mit dem Tod konfrontiert. Sie wusste aber, das ihr Beruf als Endresultat damit zu tun hatte. Aus Spaß wurde tödlicher Ernst. Sie musste vorhin zum ersten Mal um ihr Leben kämpfen, als die Angreifer in das Hauptgebäude stürmen wollten. Zuvor hatte noch die Zeit gereicht, das sich alle Anwesenden mit echten Waffen bewaffnen konnten. Aber die Übermacht der Orks war erdrückend. Sie waren nur fünfzehn, mit ihr eingerechnet. Ohne je eine Chance zu haben, wurden sie mehr und mehr in Richtung Hof gedrängt. Dort angekommen, begann der unvermeidliche Kampf mit brutaler Gewalt. Ihr war sofort bewusst, das das hier mit einem Massaker endet. Einer der Schüler, der auch aus dieser Stadt stammt, und somit seine Lehrerin und ihre Familie vom Sehen her kannte, forderte sie auf zu fliehen. Er und seine Schülerkumpane wollten ihre Flucht decken. Sie wollte nicht weg. Aber er meinte, das vielleicht meine Familie auch Hilfe gebrauchen könnte. Mit bestimmender Geste, und fester Entschlossenheit nickte er noch ihr zum Abschied zu.

...

Sie versuchte mit einer Streitaxt, das Schloss der Hintertür abzuschlagen. Sie hörte, wie man versuchte, die abgeschlossene Eingangstür zur Waffenkammer aufzubrechen. Mit einem lauten Knall flog diese Tür aus den Angeln, gegen den Waffenständer, der unweit des Einganges an der Wand befestigt war. Zwei Orks wollten hinein stürmen, aber verklemmten sich gegenseitig im Türrahmen. Samara warf die Axt weg. Rannte zur gegenüber der Hintertür befindlichen Wand und riss dabei den Waffenhalter herunter. Sie griff zu den am Boden liegenden zwei Schwerter, die sich eben noch in ihrem Halter befanden. Die zwei wütenden Krieger waren fast bei Ihr. Wieder musste sie töten.

...

Ihre Kraft schwand. Sie konnte noch zwei Orks tödlich verletzen, die versuchten, auch auf den Felsen zu kommen.Sie blutete aus mehreren Wunden und spürte die Sinnlosigkeit des Verteidigens. Das sollte also das Ende sein. Samara dachte an ihre Familie und sie war sich gewiss, das ein Wiedersehen unmöglich war. Ein Entkommen nach vorn, wäre Selbstmord gewesen. Hinter der Frau der steile Abgrund. Keine Chance! Dachte sie sich und Tränen des Schmerzes, der Angst verließen ihre Augen. Die Kriegerin wider Willen spürte plötzlich einen harten, stechenden Einschlag in ihrer Brust, als der Pfeil in ihrem Körper drang. Danach nur noch innere Leere. Samara kippte nach hinten und fiel in den Rachen des Abgrundes. Sie schaute noch in den Himmel. Bemerkte noch eine plötzliche Dunkelheit und dann nahm der Tod sie in seine Arme.

...

Die Frau wachte auf und öffnete die Augen. Aber sie schaute nur in eine undurchdringbare Dunkelheit.

„Sieht so der Tod aus? Dunkel und leer?“ fragte sie sich. Sie versuchte in die Leere zu greifen. Aber der Versuch sich zu bewegen, beendete sie mit einem schmerzvollem Schrei. Ihr Körper schien zu brennen. Die Frau spürt die Nässe des Schweißes auf ihrer Haut. Furchtbare Angst war nur noch das beherrschende Gefühl, was ihr fast den Atem raubte. Plötzlich wie aus dem Nichts, kamen ihr blutrote Augen entgegen. Sie fühlt wie heiße Luft ihr Gesicht berührte. Sie konnte außer den Augen nichts anderes sehen oder erkennen.

„Nicht bewegen!“ Ein dunkle, tiefe Stimme erfüllte die Dunkelheit.

Sie blickte verwirrt um sich. Samara wollte fragen, wer da sprach. Aber kein Laut kam aus ihrem Mund.

„Du bist noch zu schwach! Dein Körper, Dein Geist braucht dringend die Ruhe der Heilung!“ Die Worte der Dunkelheit wurden sehr langsam, aber auch bestimmend ausgesprochen. Die Stimme strahlte keine Gefahr aus. Im Gegenteil! Sie klang besorgt und sehr beruhigend.

„Wenn die Zeit reif ist, sehen wir uns wieder! Ich habe Dich gewählt. Himmelsrand ist Deine Bestimmung! Dein Schicksal!“ Sie spürte nur doch die aufkommende Ohnmacht und fiel kurz danach in die eigene Finsternis.

Während dessen fing das Tattoo auf ihrer linken Wange an zu leuchten. Sie spürte nicht die aufkommende Hitze in ihrem Körper. Der leise Bass eines eintönigen Gesangs erfüllte die Dunkelheit. Gleißende, rot leuchtende Wellen der magischen Heilung schossen durch die Finsternis und kurz darauf durch ihren Körper. Diese Magie erfüllte ihren Zweck.

...

Samara wachte verängstigt und erschrocken auf. Schwindelgefühle und innere Schmerzen erlaubten es ihr nicht klar zu sehen, geschweige denn klar zu denken. Noch immer schwebten die Fetzen des Alptraum vor ihren Augen herum.

Kematu saß auf einem Stuhl und eine unbekannte alte Frau, die besorgt dreinschaute, ist das Erste was Samara erblicken konnte. Es wirkte alles verschwommen. Als sie versuchte sich umzuschauen. Sie lag in einem mit weichem Pelz ausgelegtem Bett. Die Frau versuchte sich aufzurichten, aber schaffte es nicht. Die alte Frau beugte sich vor und berührte sanft die Stirn der kranken Frau.

„Das Fieber ist noch zu hoch! Ich werde ihr noch ein kühlendes Tuch auf ihren Kopf legen!“ Sinnierte die Alte, die in einem dunklen Gewand gekleidet war und deren Ärmel nach oben geschoben waren, den Zustand der Kranken.

„Anise! Wird meine Freundin durchkommen?“. hörte Samara, wie ihr Freund sorgenvoll die Frau fragte.

„Es scheint, das Eure Freundin einen starken Lebenswillen besitzt, aber noch ist sie nicht über den Berg!“ antwortete Anise mit ungewisser Stimme.

„Viel Ruhe und ihr Wille sind ihre einzige Chance, dies hier zu überstehen!“ Sie nahm eine Holzschale von dem Nachtschrank und führt sie vorsichtig in Richtung Samara`s Mund. Dabei hob sie vorsichtig ihren Kopf mit der linken Hand. Dann sagte sie:

„Trinkt! Das wird Euch gut tun und Ihr werdet wieder einschlafen!“

Samara fühlte sich miserabel, fiebrige Wellen durchfluteten ihren Körper. Auch wenn die Trockenheit im Inneren ihres Mundes sich nach Feuchtigkeit sehnte, wehrte sie sich, aus der ihr gereichten Schale zu trinken. Aber der Widerstand währte nur kurz. Sie nahm einen kleinen Schluck. Das undefinierbare Gebräu schmeckte süß, hatte aber einen bitteren Beigeschmack. Die kühle, etwas ölige Flüssigkeit legte sich wohltuend auf ihren Gaumen. Anise forderte mit einer Geste Samara auf, die kleine Schale komplett aus zu trinken. Ohne große Widerrede, trank die schwach aussehende Frau die Schale aus. Die alte Frau legte danach vorsichtig wieder ihren Kopf zurück. Sie drehte sich kurz um, nahm ein mit kaltem Wasser gedrängtes Tuch aus einer größeren Holzschale, die auf einem kleinen Tisch stand. Nachdem sie es vom übermäßigen Nass befreit hatte, faltete sie das Tuch zu einem schmalen Schal und legte es auf die heiße Stirn der kranken Frau.

„So mein Herr! Wir gehen jetzt und lassen sie in Ruhe!“ Kematu schaute besorgt drein. Unschlüssig stand er von seinem Stuhl auf und nahm dabei die linke Hand von Samara behutsam in seine großen Hände.

Samara spürt die sanfte Kraft ihres Freundes und den Kuss, den er auf ihren Handballen drückte. Wortlos drehte er sich um, löschte die sich auf den Tisch befindlichen Kerzen aus und verließ langsam mit der alten Frau das Zimmer.

Samara umfing keine Dunkelheit. In der fensterlosen Kammer, in der sie sich befand, beleuchtete schwach eine kleine Kerze den Raum. Sie stand auf dem Nachttisch neben ihr. Das gleichmäßige Flackern und die Wirkung des Trankes, ließen Samara wieder einschlafen.

 

Anise stand am Herd. Sie bereitete ein Abendmahl für Kematu und sich zu. Der Krieger hatte die Hütte verlassen. Sein Lager war vor der kleinen Hütte, die sich nahe dem Fluss befand aufgeschlagen. Flusswald war nicht weit entfernt, auf der anderen Seite des Gewässers. Für drei Personen war die Hütte zu klein, als das Alle darin schlafen könnten.

Er war Anise sehr dankbar. Die alte Frau, bewandert in der Heilkunst,sich gut auskennend mit Pflanzen und Kräutern, war seine einzige Hoffnung. Vor ihrer Hütte ist ein kleiner Garten, wo sie selbst einige Gewächse liebevoll angepflanzt und deren Wachsen gepflegt hatte. Auch hatte die alte Frau sich um seine Wunden gekümmert, die langsam verheilen.

Nur ist er kein Mann, der nur untätig herum sitzen konnte.

Seine Dankbarkeit brachte er der alten Frau mit verschieden Tätigkeiten zum Ausdruck. Er kümmerte sich darum, leichte Schäden an ihrer Hütte zu beseitigen. Das Dach neu mit Stroh zu decken und verschiedene Besorgungen für sie zu verrichten. Er kümmerte sich selbst darum, das ausreichend Essen vorhanden war. Entweder ging er auf die Jagd oder besorgte das Beste aus Flusswald. Er entfernte sich nie zu weit von der Hütte weg. Zu groß war seine Sorge, für längere Zeit seine Freundin allein mit der alten Frau zu lassen. Mit Anise schloss er mittlerweile eine gewisse Freundschaft. Auch ihr war das Hiersein dieser zwei Gefährten nicht unangenehm. Obwohl die Umstände weit aus besser hätte sein können.

 

Und das war nun schon zwei Wochen her. Solange schon lag seine Freundin hier in ihrer Ohnmacht. An diesen Abend war sie endlich zum ersten Mal aus ihrem Koma erwacht.

Die Nacht war sternenklar und der Mond spiegelte sich im Fluss. An seinem Lager ankommend, hatte er das erloschene Feuer wieder neu entfacht und frisch geschlagenes Holz nachgelegt.

Er stopfte sich eine Pfeife mit frischem Tabak. Er zündete sie mit einem kleinen brennenden Ast an und rauchend versank er in Gedanken. Dabei stellte er fest, das es ein hervorragender Tabak war. Mit einem leichten Geschmack von Vanille.

Kematu dachte dabei an Lucan und Camilla. Lucan Valerius, der Händler aus Flußwald, hatte dem Krieger diesen Tabak besorgt. Der Dankbarkeit wegen. Diesen und andere Gefallen machte der Händler freudig und freiwillig, als er ihm die Drachenklaue zurückbrachte. Er glaubte kaum, das seine Freundin was dagegen hätte, das er das Artefakt Lucan und seiner Schwester zurückbrachte. Er nahm das ihm dargebotene Gold nicht an. Als Gegenleistung verlangte Kematu nur das Besorgen bestimmte Artikel, die es so nicht zu kaufen gab. Darunter eben auch dieser Tabak. Seine Lieblingsorte. Dabei erfuhren die zwei Geschwister, das es um seine Freundin nicht gut stand.

Ab und zu besuchte uns Camilla und erkundigte sich um das Wohlergehen Samara´s. Sie brachte dabei oft einige nützliche Sachen mit, welche Anise benötigte.

Dabei erfuhr Kematu, das seine Freundin, bekannt in ihrem Dorf war. Sie schon des Öfteren in Flusswald erschienen sei und holte sich dabei Erkundigungen von den hier lebenden Orkstämmen ein. Ihre Gründe offenbarte sie aber nicht. Sie hatte oft den Einwohnern des Dorfes in unterschiedlichster Weise geholfen. Sie machte sich dabei einen Namen in der Gegend und war gefürchtet bei den Banditen und Gesetzlosen.

Vor Allem ist ihr Alvor, der Schmied, sehr dankbar. Sie hatte für ihn die besetzte Glutsplittermine, zusammen mit dem Elfen Feandal, von den Banditen gesäubert. Dem Schmied ging das Erz aus und für ihn war es schwer, neues schmiedbares Metall zu besorgen. Der Bürgerkrieg ließ die Erzpreise nach oben schießen und das konnte er sich nicht leisten. Seine Mine war für ihn die kostengünstigere Möglichkeit, Erz abzubauen. Aber dann wurde sie besetzt und er selbst hatte Angst, sich die Mine zurück zuholen. Das übernahm Samara, ohne Gegenleistung.

Somit erfuhr er selbst ein Teil des Rätsels Lösung, was seine Freundin in den letzten zwei Jahren gemacht hatte. Ihre Nachforschungen, was die Orks betraf und die daraus folgenden Gründe ihrer Suche, wurde ihm somit mit einem Schlag klar. Jetzt ergab es auch zum Teil einen Sinn, warum sie hier war. Auch das Verständnis wurde ihm bewusst, weil er es mit Sicherheit auch tun würde. Samara wollte Rache und suchte die Mörder ihrer Familie. Oder sie hatte die Rache schon vollzogen. Mit diesen unsicheren Gedanken, nahm er erneut einen kräftigen Zug aus seiner Pfeife.

Kematu hörte, das sich die Eingangstür der Hütte öffnete und Anise, mit zwei Holzteller in ihren Händen, sich dem Lager nähert. Er legte seine Pfeife ab und stand auf. Er ging ihr entgegen, nahm ihr die Teller ab. Die alte Frau setzte sich dankend, auf den mit Fellen gepolsterten Holzstamm. Der Mann reichte ihr einen Teller und nahm selbst auf einen Holzklotz neben ihr Platz. Sie nahmen das gut schmeckende Mahl zu sich und unterhielten sich dabei. Es ging vor Allem um Samara´s Zustand. Anise versicherte Kematu, das es noch eine lange Zeit dauern würde, bis sich seine Freundin vollständig erholt wäre. Auch sah der Freund, die Unsicherheit in den Augen der alten Frau. Aber seine Hoffnung war größer, als ihre Ungewissheit. Samara würde wieder genesen. Sie musste es einfach. Sie legte ihre kleine Hand auf seine rechte Hand und versprach, das sie Alles versuchen würde, seine Freundin gesund zu machen. Seine Augen zeigten großes Vertrauen, als er die Alchemistin anschaute.

 

Plötzlich hörte er verdächtige Geräusche am anderen Flussufer. Mit einem Schlag waren seine Sinne geschärft. Kematu bat Anise sofort ins Haus zu gehen und die Tür fest zu verschließen. Ohne weiter zu fragen, sprang sie auf. Sie versuchte schnell zu laufen, auch wenn es Ihr Alter kaum noch zuließ. Sie verschwand in der Hütte. Kematu hatte sie dabei schützend gedeckt. Während er ihr rückwärts folgte, blickten seine Augen in die Richtung, von wo aus er die Gefahr witterte. Er versicherte sich, das die Tür fest verschlossen war. Ein Pfeil bohrte sich dabei in das Holz der Tür. Genau neben seinem Gesicht. Er sprang seitlich weg. Rappelte sich auf und suchte Deckung in der Dunkelheit neben der Hütte. Er beobachtete dabei, wie drei Gestalten die flache Stelle des Flusses überqueren. Sie näherten sich den Feuer und Kematu erkannte das Aussehen der Bekleidung der Gegner.

Verdammt, die dunkle Bruderschaft.

Was wollen die denn hier, dachte er sich. Woher wusste Astrid, das er hier war. Er verschwendete aber keine weitere Gedanken an sie. Seine Sorge galt mehr Samara. Der Pfeil war Beweis genug, das sie nicht hier waren, um eine gemütliche Unterhaltung zu führen.

Kematu konnte nicht hören, worüber an seinem Lager geredet wurde. Er stieß sich von der Wand der Hütte ab. Ungesehen gelang es ihm, einen leichten Bogen zu schlagen und im Schutz eines dicken Baumstammes in die Nähe seines Lagers zu kommen. Mit angelehntem Rücken spähte er am Stamm vorbei, in Richtung des Lagerfeuers. Nun konnte er auch hören, was die drei vermummten Gestalten zu sagen hatten. Ein Schütze hielt dabei den schussbereiten Bogen gespannt. Und kniete vor dem Stamm, wo noch vorhin Anise und er gesessen hatten. Die Spitze des Pfeils zeigte in Richtung der Hütte.

„Die Informationen sind unmissverständlich. Die Position, wo die Hütte sich befindet, ist auch richtig!“

Ein Mann, der von Kematu´s Sicht aus, rechts am Lagerfeuer stand, redete weiter. Mit einer nicht mehr jungen, tief klingenden Stimme sprach er weiter.

„Die Verräterin muss hier sein! Soll aber schwer verletzt sein. Also leichtes Spiel! Selbst die Alte stellt kein Hindernis da! Die einzige Bedrohung, ist der Begleiter der Schlampe. Aber wir sind zu Dritt! Also dürfte er keine Chance haben. Aber da er mit der alten Frau ins Haus gerannt ist, haben wir Zeit genug zu überlegen, wie wir es anstellen wollen. Also, Vorschläge? Astrid will den Tod der Rothwardonin und ich habe keinen Bock den Auftrag zu vermasseln!“

„Was geht denn hier ab?“ dachte Kematu überraschend und wütend über das, was der Typ da von sich gab. Was hatte Samara mit der dunklen Bruderschaft zu tun? Warum war seine Freundin das Ziel eines Mordauftrages? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Verfluchte Astrid. Soll das vielleicht ihre Rache an ihm sein?

„Fackeln wir doch einfach die Hütte ab, oder was meinst Du, Festus?“

„Bist Du bescheuert, Nazir! Willst Du die Einheit des Jarls alarmieren, die in Flusswald stationiert ist? Das Feuer wäre weit und breit zu sehen, Vollidiot!“ erwiderte Festus ärgerlich.

„Kein Feuer und keine unnötig laute Aufmerksamkeit. Das muss hier schnell und leise über die Bühne gehen!“ Er überlegte nur eine kurze Weile.

„Nazir und ich kommen von vorn! Du, Veezara, kommst von hinten in die Hütte!“ erläuterte Festus das Vorhaben. Der Schütze erwiderte, ohne dabei die Tür der Hütte außer Acht zu lassen: „Und wenn da keine Hintertür ist?“

„Dann lass Dir was einfallen!“ konterte der Anführer zurück. „Los geht’s!“

 

Das war auch das Signal für Kematu. Er musste sofort handeln. Er beobachtete, wie der Bogenschütze sich schnell vorwärts bewegte. Er verschwand geduckt an der rechten Seite der Hütte. Die anderen Zwei folgten ihm langsam mit mit kurzem Abstand, mit dem Ziel, die Eingangstür.

Kematu bewegte sich schnell an deren linken Seite vorbei. Die zwei Assassinen waren an der Vordertür angelangt und Einer versuchte sofort das Schloss zu knacken. Das jemand seitlich aus dem Wald gesprungen kam, merkten Beide zu spät. Schon brach Festus in sich zusammen. Ein Wurfmesser hatte ihn von hinten im den Hals getroffen. Röchelnd konnte er nur noch seinen Kumpan warnen, bevor er starb. Aber auch Nazir hatte keine Chance, schnell genug zu reagieren. Sein Kopf wurde krachend gegen die Tür gestoßen. Mit verdrehenden Augen rutschte er an der Tür hinunter und schlug unsanft auf den Boden der Veranda.

Kematu scherte sich nicht mehr um den Bewusstlosen. Sein nächstes Ziel war der Bogenschütze. Er spähte kurz um die rechte Ecke. Aber er sah keinen. Also bewegte er sich schnell weiter. An der hinteren Ecke der Hütte ankommend, spähte er nach links und erblickte den letzten Mörder. Bevor der Schütze, die alte Frau ins Visier nehmen konnte, die neben der Eingangstür stand, war Kematu schon hinter ihm.

Mit fester und lang geübter Handbewegung, brach er das Genick des Mannes. Kematu ließ ihn einfach zusammenfallen. Er rannte wieder zum Eingang zurück. Seine Besorgnis war nicht mehr von Nöten. Der letzte lebende Killer lag immer noch bewusstlos vor der Tür. Eine klaffende Platzwunde an seiner Stirn war erkennbar. Feuchtes Blut spiegelte sich im Mondlicht. Kematu lehnte sich an die Wand der Hütte und sank an ihr herunter. Er setzte sich hin und schwer atmend, löste sich langsam die Spannung in seinem Körper.

 

Eine andere Lichtquelle beleuchtete nun den vor der Tür liegenden Mörder. Anise hatte die Tür geöffnet und schaute zuerst auf den Bewusstlosen.Dann auf den anderen toten Körper. Sie traute sich nicht raus zukommen. Sie beugte sich nach vorn und blickte in Richtung Kematu.

„Alles in Ordnung?“ fragte sie verängstigt. Kematu`s Kopf drehte ihr den Kopf zu und nickend antwortete er: „Ja! Scheint vorbei zu sein! Geh wieder rein und kümmere Dich bitte um Samara!“ Ohne eines weiteres Wortes ging sie zurück und verschloss wieder die Tür.

Nach einer Weile bewegte sich der Killer wieder. Als ob Kematu nur darauf gewartet hatte, sprang er auf und packte kräftig von hinten in die Kapuze und sein Knie versenkte sich hart in den Rücken des vor ihm liegenden Mannes. Er riss ihn dabei die Kapuze herrunter und rammte sein Schwert, neben den nun freigelegten Hals des Killers, in den festen Waldboden.

Seine rechte Hand vergrub sich in sein dichtes, dunkles Haar. Dabei drückte er den Kopf so, das sein Hals sich der Klinge des Schwertes näherte. Sie war scharf und versenkte sich leicht in die Haut des Gegners und verursachte sofort einen blutenden Schnitt.

„Rede, Mistkerl, was will Astrid von Samara?“ fragte Kematu der Assassine mit gefährlichen Unterton.

„Was...Was sie will? Ganz einfach den Tod des Weibes!“ stieß er mit schmerzverzerrter Grimasse hervor.

„Warum und Weshalb? Was hat meine Freundin mit der Bruderschaft zu tun?“ Weitere Fragen prasselten auf ihn herab.

„Deine Schlampe suchte einen Orkstamm und wollte unsere Hilfe. Unsere Hilfe wäre aber nur unter der Bedingung des Beitrittes in die Dunkle Bruderschaft gewährleistet. Und das wollte sie nicht. Samara wusste, wie wir unsere Aufträge durchführten und stets Tote unseren Weg pflasterten. Deine Schlampe wollte keine Mörderin werden. Und ihr gelang die Flucht. Sie kennt unser Versteck und das Passwort zum Öffnen der magischen Tür. Deshalb muss das Miststück sterben! Ganz einfach!“

„Und so einfach ist Dein Ende auch!“ Mit einer raschen Bewegung seiner sich noch an seinem Kopf befindlichen Hand, drückte Kematu zu. Die scharfe Klinge wanderte dadurch tiefer in den Hals und beendete das Leben des Killers. Er ließ den Kopf der Leiche los und erhob sich. Er zog das Schwert aus dem Boden und verstaute es.

 

Er ging in den Schuppen hinter der Hütte und holte eine Schaufel heraus. Es war weit nach Mitternacht. Er vergrub die Leichen mehrere Meter von der Hütte entfernt. Anise kam nur einmal kurz heraus, brachte ihn wortlos etwas zu trinken und ging in die Hütte zurück. Nach mehreren Stunden schlief er entkräftet an einem Baum, nahe des Grabes, sitzend ein. Der Morgen erwachte.

 

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